VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 20.03.2007 - AN 1 K 06.30984 - asyl.net: M10700
https://www.asyl.net/rsdb/M10700
Leitsatz:
Schlagwörter: Türkei, Kurden, interne Fluchtalternative, Westtürkei, Reformen, politische Entwicklung, Gruppenverfolgung, Situation bei Rückkehr, Grenzkontrollen, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, psychische Erkrankung, posttraumatische Belastungsstörung, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Grüne Karte, yesil kart
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die genannten Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen nicht vor.

Der Kläger hat nicht glaubhaft machen können, sein Heimatland unter dem Eindruck bestehender oder unmittelbar bevorstehender Verfolgung im Sinne dieser Bestimmung, mithin in aussichtsloser Lage, verlassen zu haben. Ihm drohen bei einer Rückkehr in die Türkei auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit derartige Verfolgungsmaßnahmen.

Denn er kann ohne weiteres möglichen Repressalien in seiner Heimatregion durch Ausweichen in die Westtürkei entgehen.

Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit nie staatlichen Repressionen unterworfen.

Kurden aus den kurdischen Hauptsiedlungsgebieten im Osten und Südosten der Türkei können, jedenfalls soweit nicht im Einzelfall Besonderheiten, wie eine landesweite Fahndung gegen die betreffende Person vorliegen, in anderen Gebieten der Türkei, vornehmlich in der Westtürkei, Verfolgungsschutz finden (vgl. OVG Bremen, Urteil vom 22.3.2006 - 2 A 303/04.A; Urteil vom 30.5.2001 - 2 A 346/99.A; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.05.2005 - 8 A 273/04.A).

Die asylrelevante Lage und die Menschenrechtssituation in der Türkei hat sich seit Erlass der zitierten Entscheidungen eher noch verbessert.

Schließlich ist grundsätzlich geklärt und auch aktuell nicht weiter klärungsbedürftig, dass abgelehnte Asylbewerber bei ihrer Rückkehr in die Türkei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit menschenrechtswidrige Behandlung zu erwarten haben.

Gesichtspunkte, nach denen dem Kläger in der Türkei erhebliche konkrete Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohten (§ 60 Abs. 7 AufenthG) sind gleichfalls nicht ersichtlich.

Das Gesundheitswesen der Türkei garantiert auch psychisch kranken Menschen den umfassenden Zugang zu Gesundheitsdiensten und Beratungsstellen. Die rein medikamentöse Versorgung von psychisch kranken Menschen - etwa nach einer Krankenhausbehandlung - gilt in der Türkei nicht zuletzt auch durch die so genannten Gesundheitszentren als gesichert, namentlich sind antipsychotische Medikamente und Antidepressiva erhältlich.

Die Versorgung psychisch kranker Menschen im - für mittellose Flüchtlinge regelmäßig nicht in Betracht kommenden - Privatsektor ist im Übrigen vergleichsweise günstiger: ...

Auch für spezielle Erkrankungen aus dem Formenkreis der posttraumatischen Belastungsstörung wird in der Rechtsprechung überwiegend davon ausgegangen, dass eine dem landesüblichen Standard entsprechende Behandlung in der Türkei grundsätzlich gewährleistet ist (vgl. BayVGH vom 7.6.2005 - 11 B 02.31096; OVG Münster vom 18.1.2005 - 8 A 1242/03.A; HessVGH vom 4.2.2004 - 6 UE 3933/00.A; VGH Baden-Württemberg vom 7.11.2002 - A 12 S 907/00).

Bedürftige, die die ärztliche Behandlung nicht selbst finanzieren können, haben das Recht, sich von der Gesundheitsverwaltung eine "Grüne Karte" ("yesil kart") ausstellen zu lassen, die zu kostenloser medizinischer Versorgung im staatlichen Gesundheitssystem berechtigt. Die Voraussetzungen, unter denen mittellose Personen in der Türkei die "Grüne Karte" erhalten, ergeben sich aus dem Gesetz Nr. 3816 vom 18. Juni 1992.