VG Weimar

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Zitieren als:
VG Weimar, Beschluss vom 15.03.2007 - 2 E 267/07 We - asyl.net: M10713
https://www.asyl.net/rsdb/M10713
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Fahrerlaubnis, Duldung, Identitätsnachweis, Fälschung, Aserbaidschan, Armenier
Normen: StVG § 2 Abs. 6; FeV § 21 Abs. 3; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Der zulässige Antrag hat Erfolg.

Die danach vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung fällt hier im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO zugunsten des Antragstellers aus. Denn es spricht vieles dafür, dass der streitgegenständliche Bescheid, mit dem die dem Antragsteller erteilte Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung zurückgenommen wurde, rechtswidrig ist.

Zwar verweist die Antragsgegnerin im Grundsatz zu Recht darauf, dass nach § 2 Abs. 6 Straßenverkehrsgesetz - StVG - der Antragsteller grundsätzlich seine Personendaten mitzuteilen und nachzuweisen hat. Generell hat dieser Nachweis nach § 21 Abs. 3 der Fahrerlaubnisverordnung - FeV - durch einen amtlichen Nachweis über Ort und Tag der Geburt zu erfolgen. Einen solchen Nachweis hat der Antragsteller vorliegend nicht erbracht.

Gleichwohl ist die Kammer der Auffassung, dass die Antragsgegnerin vorliegend verpflichtet ist, diejenigen persönlichen Daten des Antragstellers, die sie in ihre Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung des Antragstellers aufgenommen hat, als Beleg i.S.v. § 2 Abs. 6 StVG ausreichen zu lassen (vgl. hierzu VG Stade, Beschluss v. 29.07.2004 - 1 B 1167/04 NVwZRR 2005, 474 f.) Zweck dieser Vorschrift ist, bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis verlässlich prüfen zu können, ob ein Fahrerlaubnisbewerber, der beispielsweise Inhaber einer schlichten Duldung ist, einen Führerschein ausgehändigt bekommen kann. Es ist dabei zu prüfen, ob diesem beispielsweise unter anderer Identität die Fahrerlaubnis bereits entzogen worden ist und die Sperrwirkung eines Fahrerlaubnisentzugs noch anhält oder weil unter einer "Alias-Identität" Ungeeignetheitsmerkmale bestehen, die einer Fahrerlaubniserteilung entgegenstehen würden (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss v. 26.02.2002 - 11 CE 02.225 - zitiert nach Juris). Dieser Schutzzweck der Norm des § 2 Abs. 6 StVG kann jedoch vorliegend nicht verletzt sein, berücksichtigt man die Umstände in der Person des Antragstellers, wie sie sich aus der beigezogenen Ausländerakte der Antragsgegnerin und der Asylakte des VG Meiningen (2 K 20525/01.Me) ergeben: Der Antragsteller reiste bereits im Jahre 1999 gemeinsam mit seinen Eltern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Schon im Asylantragsverfahren machten die Eltern des Antragstellers Angaben zu dessen Geburtsort und Geburtsdatum (Geburt am ... in Baku/Aserbaidschan). Unterstellt man diese Angaben als richtig, und derzeit bestehen nach Aktenlage keine Anhaltspunkte, dass diese Angaben nicht zutreffen, war der Antragsteller bei seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland 13 Jahre alt. Bei dieser Sachlage erscheint es nahezu ausgeschlossen, dass der Kläger - der während der gesamten Aufenthaltszeit in der Bundesrepublik Deutschland unter den o.g. Personalien im Rechtsverkehr aufgetreten ist - versucht haben könnte, die angegebene Identität zu wechseln oder diese zu verschleiern.

Auch die Vorlage einer offensichtlich gefälschten Geburtsurkunde ändert hieran nichts. Denn auch die gefälschte Urkunde hält sich an die Angaben des zunächst bezeichneten Geburtsorts und Geburtsdatums. Die Vorlage der gefälschten Geburtsurkunde spricht daher nicht erschwerend für eine mögliche Identitätsverschleierung, sondern erfolgte ganz offensichtlich vor dem Hintergrund, dass armenischen Volkszugehörigen, die sich vormals in Aserbaidschan aufgehalten haben, grundsätzlich keinerlei Personalpapiere vom aserbaidschanischen Staat ausgestellt werden (vgl. hierzu nur Urteil des VGH München vom 20.02.2006 - 9 B 02.31748). Stellt zwar die Vorlage einer gefälschten Geburtsurkunde daher möglicherweise eine Straftat dar, erhöht sie im vorliegenden Fall gleichwohl nicht die Risiken, denen § 2 Abs. 6 StVG entgegen wirken will.