VG Magdeburg

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Zitieren als:
VG Magdeburg, Urteil vom 26.06.2007 - 3 A 318/04 MD - asyl.net: M10811
https://www.asyl.net/rsdb/M10811
Leitsatz:
Schlagwörter: Serbien, Montenegro, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, psychische Erkrankung, posttraumatische Belastungsstörung, medizinische Versorgung
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG bezüglich des Klägers vor, so dass die aus dem Urteilstenor ersichtliche Entscheidung zu treffen war.

Das Gericht geht - auch in Würdigung des Schriftsatzes der Beklagten vom 25.6.2007 - davon aus, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat eine erhebliche Gesundheitsverschlechterung droht. Nach den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und Entlassungsberichten, die im gerichtlichen Verfahren eingereicht bzw. durch das Gericht eingeholt worden sind, ist das Krankheitsbild des Klägers hinreichend deutlich bestimmt. So ergibt sich aus dem fachärztlichen psychiatrischen Gutachten des Arztes für Psychiatrie/Psychotherapie vom 29.3.2006, dass der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) nach ICD 10 F 43.1G leidet.

Nach den dem Gericht vorliegenden Auskünften sind posttraumatische Belastungsstörungen sowohl in Serbien als auch in Montenegro grundsätzlich behandelbar (ständige Rspr. der Kammer, vgl. z. B. Urteil v. 14.2.2005 - 3 A468/04 MD - mit weiteren Nachweisen). Insbesondere werden Notfälle sofort behandelt und auch lebensrettende und lebenserhaltende Maßnahmen kostenlos durchgeführt. Allerdings geht das Gericht im vorliegenden Einzelfall davon aus, dass aufgrund der Schwere der Erkrankung eine wirksame Therapie für den Kläger in seinem Heimatland Serbien nicht möglich ist. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 28.2.2006 werden psychische Krankheiten in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es bestehe auch die Möglichkeit anderer Therapieformen wie Gruppenpsychotherapie in begrenztem Umfang. Hierfür gebe es jedoch Wartelisten. Da in dem Gutachten vom 21.5.2007 eine wirksame Behandlung der Erkrankung des Klägers auf medikamentöse Weise ausgeschlossen worden ist, bedeutet dies, dass der Kläger auf eine Psychotherapie angewiesen ist. Eine - auch nur für einen Zeitraum von einiger Dauer - fehlende Behandlung würde, dem letztgenannten Gutachten folgend, dazu führen, dass die festgestellten psychischen Störungen sich weiter verschlimmern würden und beispielsweise eine suizidale Krise eintreten könnte. Hinzu trete die Gefahr einer Chronifizierung der bestehenden Erkrankungen mit hoher Wahrscheinlichkeit, und zwar bis hin zu persistierenden, einer Therapie nicht mehr zugänglichen Symptomen im Sinne einer tiefgreifenden Veränderung der Persönlichkeitsstrukturen des Klägers.

Im gegenwärtigen Stadium sieht das Gericht daher für den Fall einer Rückkehr des Klägers in sein Heimatland Serbien eine akute Gefahr für Leib und Leben.