BlueSky

VG Magdeburg

Merkliste
Zitieren als:
VG Magdeburg, Beschluss vom 06.06.2007 - 9 B 106/07 MD - asyl.net: M10837
https://www.asyl.net/rsdb/M10837
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Schutz von Ehe und Familie, Eltern-Kind-Verhältnis, Syrien, Syrer, Kleinkinder, räumliche Beschränkung, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1; VwGO § 123
Auszüge:

Der Antragsteller hat im Wege einer einstweiligen Anordnung einen Anspruch auf Untersagung der Abschiebung, denn er hat einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG. Seine Abschiebung ist aus rechtlichen Gründen unmöglich. Es liegt ein zwingendes Abschiebungshindernis vor, denn dem Antragsteller ist nicht zuzumuten, seine familiären Beziehungen, insbesondere zu seinem jüngsten Sohn, ..., durch Ausreise zu unterbrechen. Es ist durch eidesstattliche Versicherung der Ehefrau des Antragstellers glaubhaft gemacht, dass zwischen dem Antragsteller und diesem Kind eine Bestandsgemeinschaft besteht (vgl. hierzu OVG LSA, Beschl. v. 25.08.2006, 2 M 228/06, S. 6 - 8 EA). Den vorgetragenen Beziehungen zwischen dem Antragsteller und seinem jüngsten Sohne, welcher in Leipzig wohnt, steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller keine Erlaubnis hatte, den Landkreis ... zu verlassen, denn offensichtlich - und dies hat auch der Antragsgegner festgestellt - hat er sich nicht im Bereich des Landkreises aufgehalten, denn der Antragsgegner hat angegeben, der Antragsteller sei nicht im Heim gewesen. Diese Beistandsgemeinschaft würde bei einer Abschiebung des Antragstellers nach Syrien über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr unterbrochen, wie der Antragsteller unter Berufung auf Auskünfte der syrischen Botschaft und der zentralen Ausländerbehörde in Chemnitz und Braunschweig glaubhaft gemacht hat. Zwar ist es nach der eidesstattlichen Versicherung der Ehefrau des Antragstellers nicht auszuschließen, dass diese ihr Familienbuch und den Auszug aus dem Personenstandsregister sich aus Syrien schicken lassen kann, indessen bedarf es dann jedenfalls für das jüngste Kind des Antragstellers, welches in Deutschland geboren ist, noch der Geburtenregistrierung, für welche Reisepässe der Eltern erforderlich sind, und deren Ausstellung nimmt nach den Auskünften der Zentralen Ausländerbehörde auch dann ein halbes Jahr bis zwei Jahre in Anspruch, wenn ein Originalregisterauszug mit Foto vorliegt. Eine Trennung von einem halben bis zwei Jahren kann den Antragsteller im Hinblick auf Art. 6 GG nicht zugemutet werden. Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass der jüngste Sohn des Antragstellers noch sehr klein, nämlich erst 2 1/2 Jahre alt ist. Bei einem sehr kleinen Kind kann auch eine verhältnismäßig kurze Trennungszeit im Lichte von Art. 6 Abs. 2 GG schon unzumutbar lang sein (vgl. OVG LSA, a. a. O., S. 9 EA, m. w. N.).

Für die Frage des Schutzes durch Art. 6 GG ist es unerheblich, dass die Ehefrau des Antragstellers die Tatsache der fehlenden Papiere für ihre Person und ihre Kinder "verschuldet" hat, weil sie es verabsäumt hat, die in Syrien befindlichen persönlichen Dokumente sich zusenden zu lassen und mit Hilfe dieser ihre Ausreise und die Ausreise ihrer Kinder nach Syrien zu betreiben. Der Schutz von Art. 6 GG ist verschuldensunabhängig. Dies gilt um so mehr, als weder Antragsteller noch der jüngste Sohn desselben die Ehefrau des Antragstellers dazu zwingen können, ihre Ausreise und die Ausreise des Sohnes nach Syrien zu betreiben.