Die Entscheidung des Landgerichts hält der auf Rechtsfehler beschränkten Nachprüfung im Ergebnis stand (§ 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 3 Satz 2 FreihEntzG, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 546, 559 Abs. 2 ZPO).
Alleine die Tatsache, dass der Betroffene mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet ist, führt nicht zur Unanwendbarkeit von § 62 AufenthG. Entgegen dem insoweit irreführenden Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG kann diese Vorschrift nicht so verstanden werden, dass sich die Rechtsstellung des Familienangehörigen eines Unionsbürgers jedenfalls und einschränkungslos nur nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU richte. Beide Gesetze regeln u. a. die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern. Es wäre deshalb widersinnig, einen Ausländer dem Anwendungsbereich des Aufenthaltsgesetzes zu entziehen, obwohl er die im konkreten Fall für Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Die gesetzliche Systematik und der Sinn und Zweck des Gemeinschaftsrechts, nämlich Angehörige anderer Mitgliedsstaaten und deren Familienangehörige den jeweiligen Inländern gleichzustellen, führen zu einer Auslegung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG des Inhalts, dass das Aufenthaltsgesetz nur dann keine Anwendung findet, wenn ein Unionsbürger oder ein Familienmitglied tatsächlich Freizügigkeit nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU genießt (vgl. Hailbronner Ausländerrecht § 1 AufenthG Rn. 16; Renner Ausländerrecht 8. Aufl. § 1 AufenthG Rn. 16). Wenn das Gemeinschaftsrecht indes kein Aufenthaltsrecht gewährt, muß der Ausländer nach deutschem Recht behandelt werden.
Dem steht § 11 Abs. 2 FreizügG/EU nicht entgegen. Die Vorschrift besagt lediglich, dass nach einer entsprechenden Feststellung der Ausländerbehörde über das Nichtbestehen oder den Verlust der Rechte nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 5 FreizügG/EU das Aufenthaltsgesetz Anwendung findet. Daraus kann nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass ohne eine entsprechende Feststellung das Aufenthaltsgesetz nur in dem von § 11 Abs. 1 FreizügG/EU bestimmten Umfang anwendbar wäre. Denn dies würde dazu führen, dass ein Ausländer aus einem Drittstaat – wie der Betroffene – sich auf das Freizügigkeitsgesetz/EU berufen könnte, ohne dass er die von diesem Gesetz für seine Freizügigkeit vorgesehenen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllen müsste. Das für die Anordnung von Abschiebungshaft zuständige Gericht hat jedoch bei der Prüfung der Haftgründe von Amts wegen die Anwendbarkeit des Aufenthaltsgesetzes zu prüfen und damit – solange darüber keine förmliche Entscheidung der Verwaltungsbehörde nach § 11 Abs. 2 FreizügG/EU ergangen ist – inzidenter die materiellen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Freizügigkeitsgesetzes/EU.
Das Landgericht hat sich daher zu Recht mit den Voraussetzungen des Freizügigkeitsgesetzes/EU befasst und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass nach Maßgabe der § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 FreizügG/EU Familienangehörige von Unionsbürgern nur dann Freizügigkeit genießen, wenn sie bei dem Unionsbürger Wohnung nehmen. Da nach den Feststellungen des Landgerichts der Betroffene und seine österreichische Ehefrau getrennt leben, kann sich der Betroffene nicht auf die Freizügigkeit nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU berufen.