Die zulässige Berufung ist begründet.
Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Zuerkennung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG – nur hierauf und nicht nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ist das Klagebegehren gerichtet – zu Unrecht stattgegeben.
1. Der Verfahrensgrundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass das Gesetz dem Richter grundsätzlich – vorbehaltlich hier nicht greifender ausdrücklicher Regelungen wie etwa § 98 VwGO, §§ 415–419 ZPO – keine festen Regeln für seine Überzeugungsgewinnung bzw. Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorschreibt. Die Grenze freier Beweiswürdigung ist erst überschritten, wenn das Gericht von einem unrichtigen und unvollständigen Sachverhalt ausgeht, sich als entscheidungserheblich aufdrängende Umstände übergeht und bei der Würdigung die Grenzen einer objektiven, willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie die allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Wertung verletzt. Sinn und Zweck der freien richterlichen Beweiswürdigung ist es, das Gericht nicht an starre Regeln zu binden, sondern ihm zu ermöglichen, unter Berücksichtigung seiner Erfahrungen – hier in Asylrechtsstreitigkeiten – den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalls gerecht zu werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 8. Februar 2005 - 1 C 29. 03 -, NVwZ 2005, 1087; OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2006 - 8 A 4323/03.A -, AuAS 2006, 165).
Vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung umfasst ist sowohl die Würdigung des Vorbringens des Ausländers im asylrechtlichen Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren einschließlich der Beweisdurchführung als auch bei Geltendmachung gesundheitlicher Beeinträchtigungen die Wertung und Bewertung vorliegender ärztlicher Atteste und Stellungnahmen sowie die Überprüfung darin getroffener Feststellungen und Schlussfolgerungen auf ihre Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit; eine besondere medizinische Sachkunde ist dazu regelmäßig nicht erforderlich. Die Würdigung ärztlicher Atteste und Stellungnahmen, insbesondere zum Vorliegen psychischer Erkrankungen von Asylbewerbern, ist deshalb eine gerade in Asyl- und Abschiebungsschutzklagen sich ständig wiederholende Aufgabe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2001 - 1 B 118.01 -, DVBl. 2002, 53; OVG NRW, Beschlüsse vom 26. April 2006 - 8 A 4323/03.A -, a.a.O., vom 7. Februar 2006 - 15 A 330/06.A und vom 5. Januar 2005 - 21 A 3093/04.A -, NVwZRR 2005, 358) und kann – zwangsläufig – in zwei Tatsacheninstanzen eines solchen Rechtsstreits zu unterschiedlichen Entscheidungen führen.
2 b) Für die Klägerin sind Gefahren im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch in Form einer wesentlichen Verschlimmerung einer vorhandenen psychischen Erkrankung – zur ernsthaften Suizidgefahr unten zu ee) – nicht beachtlich wahrscheinlich. Das gilt auch in Ansehung des Gutachtens des Prof. Dr. G. und der Dipl.-Psych. T. vom 12. Mai 2004 sowie der ergänzenden Stellungnahme derselben vom 24. Februar 2005, nach denen die Klägerin an einer chronifizierten PTBS und einer schweren depressiven Episode leidet sowie bei lediglich medikamentöser Behandlung und/oder supportiven Gesprächen mit einer zeitnahen wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands zu rechnen und suizidale Handlungen im Fall verschlimmerungsbedingter Dekompensierung und psychischen Zusammenbruchs wahrscheinlich seien.
aa) Zunächst ist nicht beachtlich wahrscheinlich und erst recht nicht überzeugend, dass die Klägerin die behaupteten Vorflucht-Geschehnisse tatsächlich erlebt hat und bei ihr eine dadurch (sog. A-Kriterium) ausgelöste PTBS tatsächlich vorliegt und bei ihrer Rückkehr in die Heimat eine an eine solche PTBS anknüpfende abschiebungsschutzrelevante Gesundheitsverschlechterung eintreten wird.
bb) Soweit das Gutachten vom 12. Mai 2004 bei der Klägerin eine schwere depressive Episode feststellt, bestehen gegen die Grundlage der diesbezüglichen gutachterlichen Feststellungen allerdings keine Bedenken.
Von einem episodenhaften Eintreten schwerer Depressionen bei der Klägerin, die durch den BDI-Test belegt sind, kann ausgegangen werden. Ihr psychischer Zustand ist mit großer Wahrscheinlichkeit geprägt von der Furcht, die Perspektive von dauerhafter Sicherheit und Integration für sich und ihre Familie in Deutschland aufgeben zu müssen, oder anders gesehen von der Sorge um eine gesicherte Existenzgrundlage im Kosovo sowie der sie erdrückenden Vorstellung, all den Problemen nach Rückkehr in die Heimat nicht gewachsen zu sein und eines der wichtigsten Lebensziele nicht erreicht zu haben. Das wird bestätigt durch die Antwort des Gutachtens zu Frage 5, für die Klägerin sei eine Rückkehr in eine andere Region Jugoslawiens ebenso undenkbar wie eine Rückkehr in das Kosovo (Gutachten Bl. 75). Das bedeutet, dass die Gesundheitsverschlechterung nicht vom Rückführungsziel Kosovo ausgelöst wird, sondern von der Rückführung an sich, also von der Beendigung des Aufenthalts in Deutschland und den daran anknüpfenden Sorgen und Ängsten wegen der notwendigen Begründung einer anderweitigen Existenz.
cc) Selbst wenn man aber das Vorbringen der Klägerin im Zusammenhang mit der geltend gemachten PTBS für glaubhaft hielte und das Vorliegen dieser Krankheit mit der Gefahr einer Retraumatisierung nebst aufgezeigten Begleiterscheinungen annähme sowie die schwere Depression der Klägerin berücksichtigte, bestünde gleichwohl keine beachtlich wahrscheinliche Gefahr für Leib und Leben der Klägerin unter diesem Krankheitsbild, weil die psychische Erkrankung der Klägerin im Kosovo hinreichend behandelt werden kann.
Der Senat hat mehrfach festgestellt, dass psychische Krankheiten wie PTBS oder schwere Depressionen im Kosovo in den öffentlichen Institutionen der Gesundheitsversorgung und den Institutionen der privaten Organisationen (sog. NGOs) sowie von niedergelassenen Therapeuten landesangemessen medikamentös und gesprächsweise behandelt werden können, der ausreisepflichtige Ausländer eine Behandlung nach westeuropäischem Standard nicht beanspruchen kann und die erforderlichen Medikamente im Kosovo erhältlich sind (vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Februar 2006 - 13 A 261/05.A -, vom 20. September 2006 - 13 A 1740/05.A - und zuletzt vom 10. Januar 2007 - 13 A 1138/04.A -).
Die Einrichtungen der staatlichen/quasistaatlichen Gesundheitsvorsorge und der sog. NGO bieten im Kosovo in der Regel eine medikamentöse Behandlung u. a. bei PTBS und Depressionen an und es steht eine Reihe von gängigen Psychotherapeutika zur Verfügung (vgl. hierzu Deutsches Verbindungsbüro Kosovo, Auskunft vom 21. Juli 2006 an VG Düsseldorf); soweit gesprächsweise Therapie angeboten wird, erfolgt diese regelmäßig begleitend und unterstützend – supportive Gespräche –; lediglich in Ausnahmefällen wird eine regelgerechte zielgerichtete Psychotherapie angewandt. Ambulante Behandlungen und Medikamente sind gegen eine Eigenbeteiligung zwischen 1 Euro und 4 Euro bzw. von bis zu 2 Euro erhältlich. Im Übrigen kann jedes Medikament über Apotheken gegebenenfalls aus dem Ausland – dann gegen erhöhtes Entgelt – bezogen werden. Soweit niedergelassene Therapeuten reguläre Psychotherapie ggf. mit medikamentöser Behandlung bei PTBS und Depression anbieten, ist das jedoch je nach Verhandlung mit Kosten von sogar über 50,– Euro pro Sitzung verbunden (vgl. zu alledem: Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo (Stand: Juni 2006), Bl. 19 f, 23 f, und Deutsches Verbindungsbüro Kosovo, Auskunft vom 21. Juli 2006 an VG Düsseldorf).
Die allgemeinen Behandlungsmöglichkeiten für PTBS und schwere Depressionen im Kosovo sind auch der Klägerin zugänglich Die Behandlung selbst ist weitgehend kostenfrei (vgl. hierzu: Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo (Stand: Februar 2007), a.a.O.).
Die der Klägerin in ihrer Heimat zugängliche Behandlung ihrer PTBS und Depression lässt eine wesentliche Verschlimmerung ihres psychischen Zustands nicht befürchten, weil sich diese Behandlung ausgehend von den vorliegenden Auskünften nicht wesentlich anders, und zwar bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht schlechter darstellt als die der Klägerin in Deutschland jedenfalls bis Frühjahr 2005 zuteil gewordene – und neben den zusätzlichen Psychotherapiesitzungen auch gegenwärtig noch zuteil werdende – Behandlung.
Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass für die Klägerin eine Rückführung in den Jugoslawien-Nachfolgestaat Serbien ohne Kosovo unzumutbar ist. Schon wegen der tief verwurzelten Spannungen, wenn nicht sogar Feindschaft zwischen den nicht serbischen Einwohnern des Kosovo und allen Serben und wegen der Bewohnern des Kosovo nicht gewährten staatlichen Leistungen wäre ein Leben der Klägerin unter oder auch nur ihre Behandlung durch Serben für ihren psychischen Zustand eine unzumutbare Belastung. Doch ist der Klägerin insoweit kein Abschiebungsverbot zuzuerkennen. Denn die für die Rückführung zuständige Ausländerbehörde hat die Rückführung so zu gestalten, dass dem zurückzuführenden Ausländer am Zielort keine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG drohen. Insoweit reicht es aus, dass in dem Rückführungszielstaat eine zumutbare sichere Region existiert. Die Provinz Kosovo, die staatsrechtlich Teil der Jugoslawien-Nachfolgerepublik Serbien ist, ist eine solche sichere Region. Soweit in der ergänzenden Stellungnahme von der Heimat der Klägerin die Rede ist, ist damit die Provinz Kosovo gemeint. Zu Serbien ohne Kosovo hat die Klägerin keinerlei – etwa ihren früheren Lebensbereich vor der Widereinreise nach Deutschland oder ihre Volkszugehörigkeit betreffende – Beziehungen.
ee) Es ist schließlich auch eine wesentliche Gesundheitsverschlechterung in Form ernster Suizidgefahr für die Klägerin nicht beachtlich wahrscheinlich.
Soweit im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2006 - 1 B 118.05 -, a.a.O., die Rede ist von der Sachkunde des Gerichts, beurteilen zu können, ob für die Klägerin im Abschiebezielstaat eine ernste Suizidgefahr voraussichtlich ... "ausgeschlossen" werden kann, sieht der Senat darin keine Aufgabe des Maßstabs der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" der wesentlichen Gesundheitsbeeinträchtigung für die Zuerkennung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn im strengen Sinn "ausgeschlossen" werden kann ein Suizid, die intensivste Form der Leibes- und Lebensgefahr, eines in die Heimat zwangsrückgeführten Ausländers von keinem Therapeuten oder Gutachter. Zudem wird ein in Deutschland nicht ernsthaft zum Suizid bereiter Ausländer ernsthafte Suizidgedanken allenfalls in einer besonderen, ausweglosen Situation im Heimatland entwickeln, was aber von einem objektiv und spekulationsfrei wertenden Fachmann mit für eine richterliche Tatsachenfeststellung notwendiger Sicherheit regelmäßig nicht vorausgesagt werden kann. Der Senat versteht daher die o. a. bundesgerichtliche Formulierung dahin, dass eine nicht ernste Gefahr eines Suizids in der Heimat grundsätzlich keine, eine solche ernste Gefahr im Sinn fest entschlossener Erfolgsabsicht aber ebenfalls keine beachtlich wahrscheinliche Gesundheitsverschlechterung begründet, wenn die Realisierung einer solchen Gefahr in der Heimat verhindert werden kann. Eine "ernste" Suizidgefahr kann der Senat bei der Klägerin ausgehend von den auch diese Möglichkeit einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung betrachtenden gutachterlichen Äußerungen bereits nicht feststellen.