VG Gelsenkirchen

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Zitieren als:
VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11.06.2007 - 18 a L 545/07.A - asyl.net: M11078
https://www.asyl.net/rsdb/M11078
Leitsatz:

Bei Verzicht auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14 a Abs. 3 AsylVfG beträgt die Ausreisefrist gem. § 38 Abs. 1 AsylVfG einen Monat.

 

Schlagwörter: Verfahrensrecht, Verzicht, Asylverfahren, Antragsfiktion, Ausreisefrist, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt
Normen: AsylVfG § 14a Abs. 3; AsylVfG § 38 Abs. 1; AsylVfG § 32 Abs. 1; AsylVfG § 38 Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Bei Verzicht auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14 a Abs. 3 AsylVfG beträgt die Ausreisefrist gem. § 38 Abs. 1 AsylVfG einen Monat.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage 18a K 1423/07.A gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Mai 2007 anzuordnen, ist begründet. Das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin, da die Fristsetzung von nur einer Woche für die Ausreise rechtswidrig ist.

Die Fristsetzung von einer Woche für die Ausreise findet ihre Rechtsgrundlage nicht in § 36 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), weil der Asylantrag nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Auch der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte § 38 Abs. 2 AsylVfG kommt als Rechtsgrundlage für die Wochenfrist nicht in Betracht. Das Bundesamt hat vorliegend nach dem von der Mutter des Antragstellers erklärten Verzicht gemäß § 14a Abs. 3 AsylVfG das Asylverfahren gemäß § 32 AsylVfG eingestellt. Auf diese Fallgestaltung findet § 38 Abs. 2 AsylVfG weder unmittelbar noch analog Anwendung (vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. August 2006 - 1 A1437/06.A -).

Bei dem Verzicht nach § 14a Abs. 3 AsylVfG handelt es sich bereits nach dem Wortlaut nicht um die Rücknahme eines Asylantrages, bei der, wenn sie vor der Entscheidung des Bundesamtes erfolgt, die Ausreisefrist nach § 38 Abs. 2 AsylVfG nur eine Woche beträgt. Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet ebenfalls aus, weil es an einer unbeabsichtigten Regelungslücke fehlt. Dies zeigt die systematische Zusammenschau mit § 32 AsylVfG wie auch § 71 AsylVfG, die im Gegensatz zu § 38 Abs. 2 AsylVfG ausdrückliche Gleichstellungen der Antragsrücknahme und des Verzichts nach § 14a Abs. 3 AsylVfG festschreiben. Zudem handelt es sich bei § 38 Abs. 2 AsylVfG selbst um eine Ausnahmevorschrift zu § 38 Abs. 1 AsylVfG, die als solche einer analogen und damit erweiternden Auslegung grundsätzlich nicht zugänglich ist. Schließlich wird eine analoge Anwendung auch nicht durch Sinn und Zweck des § 14a AsylVfG gefordert. Mit der Regelung in § 14a AsylVfG soll verhindert werden, dass durch sukzessive Asylantragstellung überlange Aufenthaltszeiten entstehen. Eine darüber hinausgehende erhebliche Verkürzung der Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik, die nicht zuletzt durch die Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestimmt wird, ist vom konkreten Regelungszweck nicht umfasst (vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. August 2006 -1 A1437/06.A-).