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VG Regensburg

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Zitieren als:
VG Regensburg, Urteil vom 20.04.2007 - RO 2 K 06.30084 - asyl.net: M11100
https://www.asyl.net/rsdb/M11100
Leitsatz:
Schlagwörter: Äthiopien, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, Asthma bronchiale, medizinische Versorgung, alleinstehende Personen, soziale Bindungen, Finanzierbarkeit, Situation bei Rückkehr, Mitgabe von Medikamenten
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 AufenthG festgestellt wird.

Durch die vorgelegten Atteste, die vom zuständigen Gesundheitsamt als schlüssig beurteilt wurden, ist nachgewiesen, dass die Erkrankung des Klägers behandlungsbedürftig ist und dass bei einem Abbruch eine erhebliche Verschlechterung des Krankheitsbildes bis hin zur Lebensgefahr zu befürchten ist. So wird in der Stellungnahme der Klinik vom 27.12.2006 ausgeführt, dass beim Kläger im Januar und April 2006 trotz der hausärztlichen Therapie einschließlich Kortisoninfusionen eine derartige Verschlechterung des Asthma bronchiale gegeben gewesen sei, dass ohne stationäre Behandlung Lebensgefahr hätte eintreten könne. Der behandelnde Praktische Arzt hat im Attest vom 5.1.2007 angegeben, dass es bei Abbruch der derzeitigen Therapie zur kontinuierlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen könne. Lebensgefahr sei bei Exerbationen infolge eines dazukommenden Infektes gegeben.

Zur medizinischen Versorgung in Äthiopien wird im Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18.7.2006 festgestellt, dass die medizinische Versorgung nur in Addis Abeba zufrieden stellend sei. Die Kosten für medizinische Behandlungen würden in Äthiopien von Krankenversicherungen nur eingeschränkt übernommen. Bei Rückkehrern aus dem Ausland könne nicht davon ausgegangen werden, dass Krankenkosten von Versicherungen getragen werden. Kostenlose medizinische Behandlung in staatlichen Einrichtungen sei dann möglich, wenn die örtliche Kebele-Verwaltung ein sog. "free paper" ausstellt. Allerdings kämen in den Genuss derartiger Freibehandlungsscheine nur die Ärmsten der Armen. Personen, die aus dem Ausland zurückkehren, fielen üblicherweise nicht unter diese Kategorie.

Angesichts der geschilderten Sachlage steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass für den Kläger bei einer Rückkehr eine extreme Leibes- und Lebensgefahr eintreten würde.

Glaubhaft erscheint, dass der Kläger keinerlei Kontakte zu seinem Heimatland mehr hat.

Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass der Kläger aus Verhältnissen stammt, bei denen das Einfliegen von Medikamenten aus Europa oder teure privatärztliche Behandlungen von der Familie ermöglicht werden könnten.

Das nach der Stellungnahme des Gesundheitsamts vom 13.2.2007 unbedingt erforderliche Medikament Viani Diskus ist nach der eingeholten Auskunft des Vertrauensarztes der Deutschen Botschaft vom 21.3.2007 in Äthiopien überhaupt nicht erhältlich. Dies deckt sich mit der Auskunft vom 8.11.2004 an das Verwaltungsgericht Arnsberg. Aus dem zeitlichen Abstand der Auskünfte ergibt sich, dass von einer dauerhaften Nichterhältlichkeit auszugehen ist und daher eine Mitgabe eines Medikamentenvorrats bei der Ausreise nicht ausreichend ist.

Außerdem wäre die Versorgung nur für eine Übergangszeit auch deshalb nicht ausreichend, weil nach der Stellungnahme des Praktischen Arztes vom 19.1.2007 auch bei Weiterführung der medikamentösen Behandlung ein Asthmaanfall mit akuter Dyspnoe auftreten kann, die eine sofortige medikamentöse Intervention erfordert. Eine erhebliche Leibes- und Lebensgefahr kann beim Kläger daher nicht durch einen mitgegebenen Medikamentenvorrat ausgeräumt werden, sondern er ist darauf angewiesen, von Anfang an auch ärztliche Versorgung in Anspruch nehmen zu können. Bei den anderen Medikamenten und der erforderlichen begleitenden ärztlichen Behandlung ist nicht zu erwarten, dass der Kläger die Kosten dafür aufbringen kann, so dass nicht abgeklärt zu werden brauchte, ob das Medikament Euphyllong durch das vom Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft genannte Kombinationspräparat ersetzt werden könnte.