VG Ansbach

Merkliste
Zitieren als:
VG Ansbach, Beschluss vom 18.04.2007 - AN 3 K 06.0800 - asyl.net: M11139
https://www.asyl.net/rsdb/M11139
Leitsatz:

Erlaubnis zum Umzug aus der Gemeinschaftsunterkunft in Privatwohnung gem. Art. 4 Abs. 4 AufnG zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft; dem aufenthaltsberechtigten Ehegatten ist es nicht zuzumuten, zur Herstellung der Lebensgemeinschaft in die Gemeinschaftsunterkunft zu ziehen.

 

Schlagwörter: D (A), Gemeinschaftsunterkünfte, Schutz von Ehe und Familie, Niederlassungserlaubnis
Normen: AufnG § 4 Abs. 4; DVAsyl § 8 Abs. 6; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

Erlaubnis zum Umzug aus der Gemeinschaftsunterkunft in Privatwohnung gem. Art. 4 Abs. 4 AufnG zur Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft; dem aufenthaltsberechtigten Ehegatten ist es nicht zuzumuten, zur Herstellung der Lebensgemeinschaft in die Gemeinschaftsunterkunft zu ziehen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nachdem die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 18. April 2007 das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war dieses einzustellen und nach § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten zu entscheiden. Billigem Ermessen im Sinne des § 161 Abs. 2 VwGO entspricht es dabei im vorliegenden Fall, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen, da die Klage aller Voraussicht nach erfolgreich gewesen wäre. Die Kammer geht nämlich davon aus, dass im vorliegenden Fall ein begründeter Ausnahmefall im Sinn des Art. 4 Abs. 4 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AufnG) vorliegt, da nur so erreicht werden kann, dass die Klägerin, ihr Ehegatte und das gemeinsame Kleinkind zusammenwohnen und leben können. Die Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten und Eltern mit ihren minderjährigen Kindern sind nach § 8 Abs. 6 der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) schon bei der landesinternen Umverteilung von Asylbewerbern zur berücksichtigen. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass die Haushaltsgemeinschaften von Ehegatten und Eltern mit ihren minderjährigen Kindern auch als typischer Ausnahmefall im Sinne des Art. 4 Abs. 4 AufenthG [gemeint: AufnG] angesehen werden kann. Im vorliegenden Fall kann die Klägerin auch nicht darauf verwiesen werden, dass ihr Ehemann auch zu ihr in die Gemeinschaftsunterkunft ziehen könnte. Selbst wenn die Regierung von Mittelfranken, wie angekündigt, dem Ehemann der Klägerin, obwohl er nicht zum Personenkreis gehört, für den nach Art. 1 AsylbewerberleistungsG dieses Gesetz gilt, den Einzug in eine Gemeinschaftsunterkunft gestatten würde - was gewissermaßen zu einer Zweckentfremdung dieser Unterkunft führen würde -, kann dem Ehemann der Klägerin ein Einzug dort nicht zugemutet werden. Der Ehemann der Klägerin besitzt nach seinem unwidersprochenen Sachvortrag eine Niederlassungserlaubnis, d.h. einen absolut sicheren und unbefristeten Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik Deutschland, er genießt damit Freizügigkeit und freie Wahl seines Wohn- oder Arbeitsortes. Es ist hier kein rechtlicher Grund dafür ersichtlich, dass ein Ausländer mit einer Niederlassungserlaubnis wieder den Restriktionen, die die Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft - zwangsläufig - mit sich bringt, unterworfen wird, nur um mit seiner Familie zusammen leben zu können. Vielmehr hat der Gesetzgeber in Art. 4 Abs. 4 AufenthG nach Auffassung der Kammer gerade für diese Fälle eine Ausnahmevorschrift geschaffen. Die auch grundgesetzlich geschützte Einheit von Familie und Ehe gebietet im vorliegenden Fall auch, dass die Behörde von dem ihr in Art. 4 Abs. 4 AufnG eingeräumten Ermessen in der Weise Gebrauch macht, dass sie der Klägerin den Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft gestattet hätte. Insgesamt geht die Kammer davon aus, dass bloße fiskalische Gründe - ohne dass eine Kostenersparnis im Falle der Ablehnung des Antrags der Klägerin überhaupt ersichtlich wäre - dazu führen können, dass das Grundrecht des Ehemanns der Klägerin auf Freizügigkeit und freier Wahl seines Aufenthaltsortes, auch seines Wohn- und Arbeitsortes, in dieser Weise durch den Einzug in eine Gemeinschaftsunterkunft eingeschränkt wird.