OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.07.2007 - 19 E 517/07 - asyl.net: M11192
https://www.asyl.net/rsdb/M11192
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Prozesskostenhilfe, Niederlassungserlaubnis, Antrag, Übergangsregelung, Altfälle, Zuwanderungsgesetz, Beurteilungszeitpunkt, Abhilfe, Erledigung der Hauptsache
Normen: VwGO § 166; ZPO § 114; AuslG § 24; AufenthG § 9; AufenthG § 104 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts war dieser Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht nur nach § 24 AuslG zu beurteilen, sondern zumindest auch nach § 9 AufenthG. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die Niederlassungserlaubnis als solche begehrte und dieses Begehren weder ausschließlich als einen nach § 24 AuslG zu beurteilenden "Altantrag" noch ausschließlich als einen nach § 9 AufenthG zu beurteilenden "Neuantrag" verstanden wissen wollte. Seinen Formblattanträgen beim Antragsgegner war eine solche Differenzierung nach Anspruchsgrundlagen des alten und des neuen Rechts nicht zu entnehmen. Er hat vielmehr nicht nur unter dem 5. August 2004 die unbefristete Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragt und sich dafür auf die §§ 24, 35 AuslG berufen, sondern auch am 15. September 2005 einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gestellt. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass er sich auf sämtliche denkbaren Anspruchsgrundlagen stützen wollte und die Niederlassungserlaubnis entweder nach altem oder nach neuem Recht begehrte, je nachdem, welches Recht für ihn günstiger sein würde (zu einer vergleichbaren Antragsauslegung bei Einbürgerungsanträgen vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2004 - 1 C 16.03 -, BVerwGE 120, 305, Juris, Rn. 19).

Auch § 104 Abs. 1 AufenthG verbietet es nicht, einen in dieser Weise unbeschränkten Antrag auf Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels, den der Ausländer vor dem 1. Januar 2005 gestellt hat, sowohl an § 24 AuslG als auch an § 9 AufenthG zu messen. Das bedeutet nämlich nicht, dass einzelne Erteilungsvoraussetzungen einer der beiden Vorschriften nach dem Günstigkeitsprinzip mit solchen der jeweils anderen Vorschrift kombiniert werden dürften. Ein solcher Antrag hat vielmehr nur dann Erfolg, wenn entweder alle Erteilungsvoraussetzungen des § 24 AuslG oder aber alle Erteilungsvoraussetzungen des § 9 AufenthG erfüllt sind (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschluss vom 31. Mai 2006 - 3 Bs 452/04 -, Juris, Rdn. 10; Nds. OVG, Beschluss vom 23. Februar 2005 - 11 ME 221/04 -, juris Rn 10f; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, § 104 Rn 3 f.).

Für die angekündigte Klage auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis hätte das Verwaltungsgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligen müssen. Im Zeitpunkt der Bewilligungsreife am 11. Oktober 2005 konnte der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Verfahrens erster Instanz weder insgesamt noch in Raten tragen und bot diese Klage auch hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO iVm § 114 ZPO). Unerheblich ist, dass diese Erfolgsaussicht durch Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses nachträglich entfallen ist, seit der Antragsgegner dem Antragsteller im Abhilfebescheid vom 31. Mai 2007 die Erteilung der beantragten Niederlassungserlaubnis zugesichert hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung ist in Fällen rückwirkender Bewilligung - wie hier - der Zeitpunkt der Bewilligungsreife. Das ist der Zeitpunkt, zu dem der Prozesskostenhilfeantrag und die vollständige Prozesskostenhilfeerklärung nebst allen erforderlichen Nachweisen dem Gericht vorliegen, so dass es bei einem ordnungsgemäßen unverzüglichen Geschäftsgang die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung prüfen kann und Prozesskostenhilfe bewilligen muss (OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Juni 2007 - 19 A 2931/06.A - und vom 24. April 2007 - 19 A 2751/06.A -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 4. Februar 2005 - 1 O 388/04 -, NVwZ-RR 2006, 509 (510 f.), m.w.N.).