VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Beschluss vom 20.07.2007 - 10 L 732/07 - asyl.net: M11231
https://www.asyl.net/rsdb/M11231
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Familienzusammenführung, Ehegattennachzug, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Schutz von Ehe und Familie, Visum nach Einreise, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Ermessen, Lebensunterhalt, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; AufenthG § 30 Abs. 2; AufenthG § 25 Abs. 3; AufenthG § 5 Abs. 2 Nr. 1; AufenthV § 39 Nr. 5; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 6 Abs. 1; VwGO § 123 Abs. 1
Auszüge:

Der gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zulässige Antrag, mit dem der Antragsteller begehrt,

"1. den Antragsgegner zu verpflichten, die am 31.05.2007 angedrohte Abschiebung so lange auszusetzen, bis über den Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 29.05.2007 rechtskräftig und unanfechtbar entschieden worden ist,

2. dem Antragsteller für die Dauer des Verfahrens vorab eine Duldung zu erteilen",

bleibt ohne Erfolg, weil ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht werden konnte.

Die rechtliche Unmöglichkeit einer Abschiebung des Antragstellers ergibt sich nicht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau. Nach Maßgabe des § 30 Abs. 2 AufenthG kann dem Ehegatten eines Ausländers abweichend von Abs. 1 Nr. 4 der Vorschrift eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt.

Letzteres ist der Fall, denn die Ehefrau des Antragstellers besitzt eine bis zum 22.02.2008 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Bei der von dem Antragsgegner zu treffenden Ermessensentscheidung sind aber die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen, d.h. insbesondere § 5 AufenthG, maßgebend zu beachten. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wird vorausgesetzt, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist, was bei dem Antragsteller nicht der Fall ist. Er hat daher als ein unerlaubt eingereister Ausländer nach erfolgloser Stellung eines Asylantrages das Visumverfahren vom Ausland aus nachzuholen. Hiervon kann lediglich abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Hier ist aber weder das eine noch das andere der Fall. Nach § 39 Nr. 5 AufenthVO kann ein Ausländer lediglich ausnahmsweise über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fällen hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen lassen, wenn seine Abschiebung nach § 60 a AufenthG ausgesetzt ist und er aufgrund einer Eheschließung oder der Geburt eines Kindes während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Mithin verweist der Gesetz- und Verordnungsgeber einen ohne das erforderliche Visum eingereisten Ausländer in der Regel auf die Nachholung des Visumverfahrens und zwar gerade auch dann, wenn Zweck des Aufenthaltstitels der Familiennachzug ist.

Allein die Eheschließung und die Führung einer ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau vermag daher keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers im Bundesgebiet zu rechtfertigen. Denn aus dem Schutz der Familie folgt grundsätzlich nicht, dass die Möglichkeit zur Führung der familiären Lebensgemeinschaft gerade im Bundesgebiet gewährt werden muss (BVerfG, Beschluss vom 08.12.2005, 2 BvR 1001/94, zitiert nach juris).

Etwas anderes gilt regelmäßig nur dann, wenn die Lebensgemeinschaft aufgrund besonderer Umstände in zumutbarer Weise nur im Bundesgebiet geführt werden kann. Von Bedeutung ist zwar, dass zugunsten der Ehefrau des Antragstellers wegen der ungesicherten Existenzgrundlage für sie als Angehörige einer ethnischen Minderheit und Tochter einer allein erziehenden Mutter im Kosovo ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) festgestellt worden ist. Aus diesem Grund besitzt sie eine bis zum 22.02.2008 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Allerdings wird es ihr nach den gegebenen Umständen zuzumuten zu sein, eine vorübergehende Trennung von ihrem Ehemann in Kauf zu nehmen, damit der Antragsteller das Visumverfahren nachholen kann.

Hiervon abgesehen setzt die Erteilung des Aufenthaltstitels ebenfalls voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).

Art. 6 Abs. 1 GG allein kann indessen ebenfalls kein Aufenthaltsrecht zugunsten des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland begründen. Ein aus diesem Verfassungsgebot resultierendes unmittelbares Abschiebungshindernis könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn z.B. die Ehegatten und deren Kinder in besonderem Maße aufeinander angewiesen sind und von einer unzumutbaren Dauer der Trennung auszugehen wäre. Eine in diesem Sinne besonders schwerwiegende Härte für die eheliche oder familiäre Lebensgemeinschaft hat der Antragsteller - wie zuvor bereits dargelegt - nicht glaubhaft gemacht. Hierfür ist auch ansonsten nichts ersichtlich.