VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 19.06.2007 - 10 K 5/07 - asyl.net: M11234
https://www.asyl.net/rsdb/M11234
Leitsatz:

Eine glaubhafte exponierte Pflege der nationalen kurdischen Identität, die über bloße Auftritte folkloristischer Ereignisse hinausgeht, wird in Syrien als Staatsgefahr wahrgenommen.

 

Schlagwörter: Syrien, Kurden, Glaubwürdigkeit, Sänger, Grenzkontrollen, Gruppenverfolgung, Antragstellung als Asylgrund
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Eine glaubhafte exponierte Pflege der nationalen kurdischen Identität, die über bloße Auftritte folkloristischer Ereignisse hinausgeht, wird in Syrien als Staatsgefahr wahrgenommen.

(Amtlicher Leitsatz)

 

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 1 AufenthG, dessen Voraussetzungen mit denen der politischen Verfolgung im Sinne des § 16a Abs. 1 GG übereinstimmen.

Ist der Kläger somit unverfolgt ausgereist, so droht ihm auch im Hinblick auf das Verlassen Syriens und den Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland sowie auf die kurdische Volkszugehörigkeit bei Rückkehr in sein Herkunftsland nicht mit der hierzu erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung.

Die Pflege der nationalen kurdischen Identität wird in Syrien als Staatsgefahr wahrgenommen. Im Gegensatz zu allen anderen ethnischen Minderheiten ist es den Kurden in Syrien nicht gestattet, Privatschulen zu eröffnen, in denen ihre Sprache unterrichtet wird, oder sonstige Vereinigungen zu gründen, die auf der nationalen kurdischen Identität aufbauen. Grund hierfür ist die Sorge vor separatistischen Tendenzen der Kurden in Syrien, die als eine Gefahr für Staat und Regime wahrgenommen werden (Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 14.7.2005 (Stand: Juni 2005), S. 5, 11 und 19 ff., Dok.-Nr. 795, vom 17.3.2006 und vom 26.2.2007).

In dieser Weise hat sich der Kläger nicht glaubhaft exponiert, so dass die Annahme einer Rückkehrgefährdung insoweit ausscheidet. Hinweise für ein generelles Verbot des Singens kurdischer Lieder hat der Kläger, der nach eigenen Angaben vor seiner Ausreise aus Syrien regelmäßig, wenn auch nicht in allen Fällen ohne Reaktion der Sicherheitsbehörden, auch nicht ansatzweise dargelegt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger hat sich zudem bei seiner künstlerischen Betätigung auf Auftritte bei Hochzeiten, Festen und in Restaurants beschränkt und sich, auch dann, wenn er, wie er behauptet, bei diesen Gelegenheiten überwiegend kurdisch – zuweilen arabisch – gesungen hat, ersichtlich nicht politisch – auch nicht durch die Verwendung politischen Liedgutes – betätigt. Glaubhafte und substantiierte Angeben zu einer Betätigung als Sänger politischer Lieder und gerade hieran anknüpfende staatliche Repressalien ist er schuldig geblieben.

Dem Kläger droht im Falle seiner Rückkehr nach Syrien auch alleine in Anknüpfung an seine kurdische Volkszugehörigkeit keine asylerhebliche Verfolgung. Die bisherige Einschätzung der saarländischen Verwaltungsgerichte (vgl. Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16.6.2000, 3 Q 153/98, vom 11.3.2002, 3 Q 79/91, und vom 25.6.2004, 3 Q 1/03, sowie Urteile des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 4.12.2003, 2 K 51/02.A, vom 20.9.2004, 5 K 47/04.A, vom 28.10.2004, 5 K 52/04.A, vom 20.7.2005, 5 K 104/04.A, und vom 24.1.2006, 5 K 38/04.A), dass Kurden in Syrien allein aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit keine politische Verfolgung zu befürchten haben, der die Kammer folgt, entspricht auch der Auskunftslage zum Entscheidungszeitpunkt.

Auch auf die Beantragung von Asyl im Bundesgebiet kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Wegen der Asylantragstellung in Deutschland droht syrischen Staatsangehörigen nach der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Saarland, der sich die Kammer anschließt, im Falle der Rückkehr ebenfalls keine politische Verfolgung (OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 27.09.2000, 3 Q 243/00, vom 11.03.2002, 3 Q 79/01, vom 13.05.2002, 3 Q 53/01, vom 11.08.2004, 3 Q 34/03, jeweils mit weiteren Nachweisen; Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 14.07.2005, S. 22, Dok.-Nr. 795, vom 17.03.2006 und vom 26.02.2007 und Auskunft vom 29.11.2005 an VG Ansbach, S. 2, Dok.-Nr. 803).