VG Frankfurt/Oder

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Zitieren als:
VG Frankfurt/Oder, Urteil vom 10.07.2007 - 3 K 815/01.A - asyl.net: M11285
https://www.asyl.net/rsdb/M11285
Leitsatz:
Schlagwörter: Türkei, Kurden, Wehrdienst, Wehrdienstentziehung, Politmalus, Verfahrensrecht, Klagefrist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Verschulden, Prozessbevollmächtigte, Zurechenbarkeit, Fax, Klageerhebung
Normen: AsylVfG § 74 Abs. 1; VwGO § 173; ZPO § 85 Abs. 2; VwGO § 60 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1; GG Art. 16a Abs. 1
Auszüge:

Die Klage ist bereits unzulässig, ohne dass dem Kläger in die um einen Tag versäumte hier einschlägige Klagefrist des § 74 Abs. 1 (1. Alt.) AsylVfG zu gewähren ist.

Die mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 14. März 2001 ausgelöste zweiwöchige Klagefrist war am 28. März 2001 abgelaufen. Die als Blätter 1 und 2 der Gerichtsakte angelegten Faxschreiben stellen mangels Unterschrift keine wirksame Klageschrift dar.

Dem Kläger kann auch nicht gem. § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in die Klagefrist gewährt werden, da er nicht ohne Verschulden verhindert war, diese Frist einzuhalten. Denn sein Prozessbevollmächtigter hat in ihm zurechenbarer Weise übersehen, dass auf dem Klageschriftsatz die Telefaxnummer des Amtsgerichts, nicht aber diejenige des Verwaltungsgerichts angebracht war, wohin die Klageschrift (zur Fristwahrung vorab) hätte gefaxt werden sollen. Dies Versehen ist dem Klägerbevollmächtigten und daher dem Kläger zuzurechnen (§§ 173 VwGO, 85 Abs. 2 ZPO).

Der Klägerbevollmächtigte geht auch fehl, wenn er meint, es überspanne die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn die Überprüfung der auf dem Klageschriftsatz angebrachten Faxnummer gefordert wird. Wird ein fristgebundener Schriftsatz per Telefax übermittelt, muss sich die im Rahmen der Ausgangskontrolle gebotene Überprüfung des Sendeberichts auch darauf erstrecken, ob die zutreffende Faxnummer des Empfangsgerichts angewählt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - VI ZB 12/03 -, FamRZ 2004, 1275 f. m.N.).

Die Klage hat zudem in der Sache keinen Erfolg; sie ist unbegründet, weil der Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigter und Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes nicht hat.

Ergänzend zu den übrigen Ausführungen im angefochtenen Bescheid ist lediglich auszuführen, dass der Kläger auch mit Blick auf den Wehrdienst in der Türkei keinen Abschiebungsschutz beanspruchen kann.

Eine Verurteilung wegen Wehrdienstentziehung würde erst dann in eine politische Verfolgung umschlagen, wenn sie nicht zur Durchsetzung einer gesetzlich allgemein festgelegten staatsbürgerlichen Pflicht und Sicherung der Wehrfähigkeit diente, sondern zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden würde, die durch diese Maßnahmen gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1988 - 9 C 22.88 -, InfAuslR 1989, 169; Urteil vom 31. März 1992 - 9 C 57.91 -, NVwZ 1993, 193 [194]). Hiervon kann bei dem Kläger nicht die Rede sein. Der Kläger muss auch während der Ableistung seines Wehrdienstes aufgrund seiner kurdischen Volkszugehörigkeit keine ausgrenzende Behandlung im Hinblick auf asylerhebliche Merkmale befürchten. So gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Soldaten kurdischer Herkunft etwa gezielt in Kampfgebieten oder bei besonders gefährlichen Einsätzen eingesetzt würden (Oberdiek vom 2. April 1997 an OVG Mecklenburg-Vorpommern; Auswärtiges Amt vom 13. Oktober 1997 an VG Wiesbaden; vgl. zum Ganzen auch VG Berlin, Urteil vom 17. Mai 2001 - VG 36 X 682.95 -, S. 8 f.).