VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Beschluss vom 28.06.2007 - 11 B 1601/07 - asyl.net: M11308
https://www.asyl.net/rsdb/M11308
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Klagefrist, Fristen, Zustellung, öffentliche Zustellung, Hinweispflicht, Heilung, Verfahrensmangel, Aufenthaltserlaubnis, nachträgliche Befristung, Familienzusammenführung, Ehegattennachzug, besondere Härte, Situation bei Rückkehr, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 74 Abs. 1 S. 2; VwZG § 10 Abs. 2 S. 3; VwZG § 8; AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2; AufenthG § 31 Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Das nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beurteilende Begehren der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (11 A 1600/07) gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. April 2007 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte nachträgliche Befristung ihrer Aufenthaltserlaubnis und die Androhung der Abschiebung nach Indien wiederherzustellen bzw. anzuordnen, ist unbegründet.

Dies ergibt sich entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin allerdings nicht schon daraus, dass die o.g. Klage außerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) erhoben worden und deshalb unzulässig wäre. Der Bescheid vom 2. April 2007 ist der Antragstellerin nämlich am 15. Mai 2007 übergeben worden (Bl. 78 der VV). Die Klage ist am 6. Juni 2007 bei Gericht eingegangen. Die vorangegangene öffentliche Zustellung des Bescheides ist dagegen zunächst unwirksam gewesen und konnte daher die Klagefrist nicht in Gang setzen. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung vom 2. April 2007 (Bl. 76 der VV) nämlich unzutreffend § 15 VwZG a. F. angewendet. Nach § 1 Abs. 1 NVwZG vom 23. Februar 2006 (Nds. GVBl. S. 72) gelten seit dem 1. März 2006 auch für die Zustellung der unter der Aufsicht des Landes stehenden Körperschaften des öffentlichen Rechts die §§ 2–10 des VwZG vom 12. August 2005 (BGBl. I S. 2354). Nach dessen § 10 Abs. 2 Satz 3 muss in der Benachrichtigung über die öffentliche Zustellung u.a. den Hinweis enthalten sein, dass durch sie Fristen in Gang gesetzt werden, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen können. In der Benachrichtigung vom 2. April 2007 ist zwar erwähnt, dass der Bescheid als zugestellt gilt, wenn seit dem Tage der Aushängung zwei Wochen verstrichen sind (s. auch § 10 Abs. 2 Satz 6 VwZG). Es fehlt aber der erforderliche Hinweis darauf, dass damit die Klagefrist in Lauf gesetzt und nach deren Ablauf der Bescheid vom 2. April 2007 unanfechtbar wird. Dieser Mangel der Benachrichtigung macht die Zustellung unwirksam und ist gem. § 8 VwZG erst durch die tatsächliche Übergabe des Bescheides an die Klägerin am 15. Mai 2007 geheilt worden. Andere Heilungsmöglichkeiten sieht das VwZG nicht vor (vgl. Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 7. Aufl. 2006, Rn. 19 zu § 10 VwZG).

Das öffentliche Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung überwiegt jedoch deshalb das Interesse der Antragstellerin bis zum Abschluss des Klageverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben zu können, weil der Bescheid vom 2. April 2007 sehr wahrscheinlich rechtlich nicht zu beanstanden ist.