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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 14.05.2007 - 1 B 103.06 - asyl.net: M11402
https://www.asyl.net/rsdb/M11402
Leitsatz:
Schlagwörter: Revisionsverfahren, Verfahrensmangel, Begründungsmangel, rechtliches Gehör, Armenier, Aserbaidschan
Normen: VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 3; VwGO § 108 Abs. 1 S. 2; VwGO § 138 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Auszüge:

2. Hingegen hat die Beschwerde des beteiligten Bundesbeauftragten mit einer Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg. Er rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht seiner Begründungspflicht nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Gefahr einer konventionswidrigen Behandlung des Klägers in Aserbaidschan und zur Frage einer zumutbaren Fluchtmöglichkeit hiervor in Berg-Karabach nicht in der gebotenen Weise nachgekommen ist. Darin liegt zugleich eine Verletzung des Anspruchs des Bundesbeauftragten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG).

Der Bundesbeauftragte beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht sich in den Entscheidungsgründen nicht mit der von ihm im Berufungsverfahren vorgetragenen Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (hier: OVG Lüneburg und OVG Weimar) auseinander gesetzt hat, dass armenische Volkszugehörige in Aserbaidschan keine konventionswidrige Gefährdung zu befürchten hätten (Beschwerdebegründung S. 6, III.).

Zwar ist die nach der Rechtsprechung des Senats gebotene Auseinandersetzung mit der abweichenden Würdigung verallgemeinerungsfähiger Tatsachen im Asylrechtsstreit durch andere Oberverwaltungsgerichte grundsätzlich Teil der dem materiellen Recht zuzuordnenden Sachverhalts- und Beweiswürdigung, so dass eine fehlende Auseinandersetzung mit abweichender obergerichtlicher Rechtsprechung als solche in aller Regel nicht als Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügt werden kann (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 1. März 2006 - BVerwG 1 B 85.05 - juris und - BVerwG 1 B 86.05 -). Etwas anderes muss jedoch dann gelten, wenn sich ein Beteiligter – wie hier – einzelne tatrichterliche Feststellungen eines Oberverwaltungsgerichts als Parteivortrag zu Eigen macht und es sich dabei um ein zentrales und entscheidungserhebliches Vorbringen handelt. Geht das Berufungsgericht hierauf in den Urteilsgründen nicht ein und lässt sich auch sonst aus dem gesamten Begründungszusammenhang nicht erkennen, dass und in welcher Weise es diesen Vortrag zur Kenntnis genommen und erwogen hat, liegt in der unterlassenen Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung eines anderen Oberverwaltungsgerichts ausnahmsweise auch ein rügefähiger Verfahrensmangel (vgl. in diesem Sinne schon Beschluss vom 21. Mai 2003 BVerwG - 1 B 298.02 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 270).