SG Düsseldorf

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Zitieren als:
SG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2007 - S 23 AY 8/06 - asyl.net: M11417
https://www.asyl.net/rsdb/M11417
Leitsatz:
Schlagwörter: Asylbewerberleistungsgesetz, Erstattung, Erstattungspflicht, Fristen, Geltendmachung
Normen: AsylbLG § 10b Abs. 3; AsylbLG § 9 Abs. 3; SGB X § 111 S. 1
Auszüge:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 11.02.2005, mit dem die Beklagte ihren Antrag auf Kostenerstattung nach § 10 b Abs. 3 AsylbLG für 18 Personen ablehnte, und den Widerspruchsbescheid vom 05.04.2006, mit dem die Beklagte ihre Entscheidung bestätigte, nicht gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung in Höhe von 2.599,48 EUR für die Personen B H1, J H2 und T L nach § 10 b Abs. 3 AsylbLG.

Die Klägerin hat die Kostenerstattungsansprüche bezüglich der Personen B H1, J H2 und T L nicht fristgerecht geltend gemacht.

Gemäß § 9 Abs. 3 AsylbLG sind unter anderem §§ 102 bis 114 SGB X über Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander entsprechend anzuwenden. Nach § 111 S. 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Gemäß § 111 S. 2 SGB X beginnt der Lauf der Frist frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

Die Frist nach § 111 S. 1 SGB X in Verbindung mit § 9 Abs. 3 AsylbLG endete am 25.11.2004, sofern Herr B H1 und Frau J H2 betroffen waren, und am 28.11.2004, sofern Herr T L betroffen war. Es handelt sich jeweils um den letzten Tag des Bezugs von Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG.

Mit ihrem am 12.11.2004 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben hat die Klägerin ihren Kostenerstattungsanspruch nach § 10 b Abs. 3 AsylbLG aber noch nicht im Sinne des § 111 S. 1 SGB X in Verbindung mit § 9 Abs. 3 AsylbLG geltend gemacht.

Der Begriff des Geltendmachens ist in der Gesetzessprache nicht eindeutig auf einen bestimmten Tatbestand hin festgelegt; im Zusammenhang mit § 111 Abs. 1 SGB X ist dem Wort "geltend machen" jedoch keine andere als die allgemeine Bedeutung beizulegen; unabhängig von jedem besonderen rechtlichen Bezug wird darunter soviel wie "Vorbringen", "Anführen" und "Behaupten", nicht aber zugleich "Darlegen in allen Einzelheiten" verstanden (BSG, Urteil vom 22.08.2000, Az.: B 2 U 24/99 R). Dabei muss allerdings der Wille, zumindest rechtssichernd tätig zu werden, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der Erklärung deutlich erkennbar zugrunde liegen; es bedarf eines unbedingten Einforderns der Leistungen, nicht eines bloß vorsorglichen Anmeldens (BSG, a.a.O.; dass., Urteil vom 24.02.2004, Az.: B 2 U 29/03 R). Die Anforderungen, die an das wirksame Geltendmachen eines Erstattungsanspruches zu stellen sind, stehen mit dem Zweck des § 111 SGB X in Zusammenhang, nämlich möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht (BSG, Urteil vom 22.08.2000, Az.: B 2 U 24/99 R). Der Erstattungspflichtige soll in kurzer Zeit der Leistungserbringung wissen, welche Ansprüche auf ihn zukommen und welche Rückstellungen er gegebenenfalls machen kann; zum anderen dient die Norm der rascheren Abwicklung des Erstattungsverfahrens (BSG, Urteil vom 28.11.1990, Az.: 5 RJ 50/89). Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn der in Anspruch genommene Leistungsträger bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruches ohne weitere Nachforschungen beurteilen kann, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen ist; dies ist ihm auch ohne Kenntnis des Forderungsbetrages möglich, wenn jedoch die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruches maßgeblich sind, und der Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht wurden, hinreichend konkret mitgeteilt wurden (BSG, Urteil vom 22.08.2000, Az.: B 2 U 24/99 R; dass., Urteil vom 28.11.1990, Az: 5 RJ 50/89). Damit müssen zwei Bedingungen erfüllt sein, die ihrerseits miteinander verknüpft sind: Zum einen muss der berechtigte Leistungsträger seine Erstattungsforderung endgültig und unmissverständlich geltend machen, so dass eine bloß vorsorgliche und unverbindliche Anmeldung nicht ausreicht; zum anderen muss für den erstattungspflichtigen Leistungsträger erkennbar sein, wegen welcher Leistungen er in Anspruch genommen wird und woraus sich der Erstattungsanspruch ergeben soll (BSG, Urteil vom 24.02.2004, Az.: B 2 U 29/03 R). Dabei dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden, damit wiederum der Zweck der Vorschrift nicht verfehlt wird (BSG, a.a.O.).

Dass die Klägerin bei Antragstellung den Forderungsbetrag nicht beziffert hat, ist nach der zitierten Rechtsprechung des BSG zwar unschädlich.

Der Beklagten war aufgrund des bei ihr am 12.11.2004 eingegangenen Schreibens der Klägerin aber nicht erkennbar, wegen welcher Leistungen im Einzelnen sie in Anspruch genommen wurde.