OVG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 24.08.2007 - 2 LA 48/07 - asyl.net: M11466
https://www.asyl.net/rsdb/M11466
Leitsatz:
Schlagwörter: Afghanistan, Berufungszulassungsantrag, grundsätzliche Bedeutung, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Anerkennungsrichtlinie, ernsthafter Schaden, bewaffneter Konflikt, Kabul
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1; RL 2004/83/EG Art. 15 Bst. c; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Dem Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Zuerkennung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG folgt der Senat hingegen, soweit dieser auf § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG gestützt wird und als grundsatzbedeutsam die für das Verwaltungsgericht entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft, ob für die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 15 lt. c QRL nur bewaffnete Auseinandersetzungen mit einem "bestimmten Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit" erforderlich sind bzw. "ab einer bestimmten Größenordnung", ob typischerweise nur Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfe hierunter fallen, örtlich und zeitlich begrenzte Bandenkriege aber nicht, gegebenenfalls wie die Maßstäbe "nicht unerhebliche Ausbreitung, Intensität und Dauerhaftigkeit" genau zu definieren sind - oder ob jeder innerstaatliche oder internationale Konflikt ausreicht, sofern er nur bewaffnet ist. In tatsächlicher Hinsicht schließt der Kläger die entscheidungserhebliche Frage an, ob auch für Kabul die Voraussetzungen für einen innerstaatlichen bewaffneten Konflikt vorliegen.

Die Rechtsfragen zu Art. 15 lit. c QRL stellen sich im Rahmen des Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 AufenthG. Seit Ablauf ihrer Umsetzungsfrist am 10. Oktober 2006 und bis zu ihrer vollständigen Umsetzung kommt der o.g. Richtlinie bei Anwendung der Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes eine unmittelbare innerstaatliche Wirkung zu. Soweit das nationale Recht mit den Richtlinienbestimmungen in Einklang steht, ist die jeweilige nationale Bestimmung - hier § 60 Abs. 7 AufenthG - unter Berücksichtigung der Richtlinienbestimmung - Art. 15 lit. c QRL - richtlinienkonform auszulegen (vgl. Hinweise des Bundesministeriums des Innern vom 13.10.2006 zur Anwendung der Richtlinie 2004/83/EG, Kap. III. IV, 2.5: Art. 15 c ist ein Unterfall des § 60 Abs. 7 AufenthG: so auch HessVGH. Urt. v. 09.11.2006 - 3 UE 3238/03.A - u. BayVGH, Urt. v. 26.02.2007 - 13a B 06.31169 -, beide in juris: HessVGH, Beschl. v. 26.06.2007 - 8 UZ 452/06.A -). Wie diese Auslegung im Ergebnis zu lauten hat, ob der Tatbestand des Art. 15 lit. c QRL mit Blick auf die Verhältnisse in Kabul anzunehmen ist und ggf., wie sich das gefundene Ergebnis zu der bisherigen Auslegung des nationalen Rechts verhält, ist bislang weder höchstrichterlich noch obergerichtlich (einheitlich) geklärt und bleibt deshalb der Prüfung im Berufungsverfahren vorbehalten.