OLG Thüringen

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Zitieren als:
OLG Thüringen, Beschluss vom 11.09.2007 - Ausl. 8/06 - asyl.net: M11479
https://www.asyl.net/rsdb/M11479
Leitsatz:
Schlagwörter: Auslieferung, Türkei, Abwesenheitsurteil, Auslieferungshaft, Entschädigung
Normen: IRG § 29; EuAlÜbk Art. 12 Abs. 2
Auszüge:

Auf den gem. § 29 IRG statthaften Antrag der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft auf Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung, war die Auslieferung des Verfolgten zur Strafvollstreckung aus dem Urteil des Staatssicherheitsgerichts Erzurum Nr. 20001/132 vom 25.05.2001 für unzulässig zu erklären.

Nach wie vor reichen die bei der Akte befindlichen Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 05.09.2007 ausgeführt:

"Die Anforderung, denen die Auslieferungsunterlagen zu genügen haben, bestimmen sich im Verhältnis der Republik Türkei zur Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 12 Abs. 2 Europäisches Auslieferungsübereinkommen. Nach dessen Buchstabe b) ist dem Ersuchen um Auslieferung eine Darstellung der Handlungen, derentwegen um Auslieferung ersucht wird, beizufügen; darin sind Zeit und Ort ihrer Begehung sowie ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf anwendbare Gesetzesbestimmungen so genau wie möglich anzugeben.

Zweck dieser Bestimmung ist es, den mit der Frage der Zulässigkeit der Auslieferung und der damit im Zusammenhang stehenden Entscheidungen befassten Behörden und Gerichten des ersuchten Staates die Prüfung zu ermöglichen, ob es sich bei dem Verhalten, das (speziell) dem Verfolgten vorgeworfen wird, um eine auslieferungsfähige Straftat handelt, ob tatbezogene Auslieferungshindernisse bestehen und ob im Fall der Auslieferung die strikte Einhaltung des auslieferungsrechtlichen Grundsatzes der Spezialität gewährleistet ist.

Dazu bedarf es einer so genauen, vollständigen, schlüssigen und verbindlichen Darlegung des Sachverhalts, dass eine zweifelsfreie Subsumtion unter die von dem ersuchten Staat angewendeten bzw. nach deutschem Recht anzuwendenden Strafvorschriften ermöglicht wird.

Diesen Anforderungen genügen die vorgelegten Auslieferungsunterlagen auch weiterhin nicht. Entgegen entsprechenden Aufforderungen haben die türkischen Behörden keine Ergänzung zu dem dem Verfolgten vorgeworfenen Sachverhalt vorgelegt. Die Ausführung in dem Urteil vom 08.12.1998 gehen nicht über die bisherigen Darlegungen hinaus. Die Ausführungen in der Anklageschrift ohne Datum schildern im Wesentlichen den Werdegang des Verfolgten in der PKK, aber keine konkreten Straftaten.

Zudem nehmen die türkischen Behörden nicht Stellung zum Zustandekommen des Abwesenheitsurteils. In der Niederschrift vom 18.01.2007 wird nochmals ausdrücklich ausgeführt, dass das Urteil des Staatssicherheitsgerichtes vom 25.05.2001 in Abwesenheit des Verfolgten gefällt und unter der von ihm angegebenen Anschrift seinem Vater am 12.07.2007 zugestellt worden ist."

Dem tritt der Senat bei.

Dagegen war eine Verpflichtung zur Entschädigung des Verfolgten für die erlittene vorläufige Auslieferungshaft nicht auszusprechen. Eine solche Entschädigungspflicht in entsprechender Anwendung des StrEG kommt nur dann in Betracht, wenn die Behörden der Bundesrepublik Deutschland es zu vertreten haben, dass sich der Verfolgte in (zumindest im Ergebnis unberechtigter) Auslieferungshaft befand (siehe Schomburg/Hackner a.a.O. Vor § 15 Rn. 10 f.; Vor § 78 Rn. 8; OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2005, 6 Ausl 53/05, bei Juris; OLG Hamm, Beschluss vom 17.01.1997, 4 Ausl 30/91, NStZ 1997, 246 f).