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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 10.07.2007 - 5 B 4.07 - asyl.net: M11503
https://www.asyl.net/rsdb/M11503
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Staatsangehörigkeitsrecht, Staatsangehörigkeit, Adoption, Auslandsadoption, Wirksamkeit, Eltern-Kind-Verhältnis, Bindungswirkung, Revisionsverfahren, grundsätzliche Bedeutung
Normen: AdWirkG § 2; AdWirkG § 4 Abs. 2; StAG § 6
Auszüge:

Die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

1. Der Frage, "a) Kann ein Vormundschaftsgericht nach dem Adoptionswirkungsgesetz […] eine Feststellung nach § 2 Abs. 1 AdWirkG treffen, dass eine Annahme als Kind im Sinne des § 1 AdWirkG anzuerkennen oder wirksam ist, ohne nach § 2 Abs. 1 AdWirkG festzustellen, ob das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist?", kommt die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung nicht zu, weil sie sich in einem durchzuführenden Revisionsverfahren so nicht als entscheidungserheblich stellte.

Das Berufungsgericht hatte in dem Verfahren die Frage zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern Staatsangehörigkeitsausweise auszustellen, weil diese infolge des in der Türkei auf der Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung geschlossenen Adoptionsvertrages (Urteil des Gerichts in Karliova/Türkei vom 17. November 2000; notariell beurkundeter Adoptionsvertrag vom 28. Februar/2. März 2001) im Sinne des § 6 Satz 1 StAG durch eine deutsche Staatsangehörige wirksam als Kind angenommen worden sind, bevor sie das 18. Lebensjahr vollendet hatten. Die Frage, ob und welche Voraussetzungen an eine wirksame Adoption und an eine gerichtliche Feststellung der Anerkennung einer Adoption im Ausland zu stellen sind, ergibt sich lediglich als Vorfrage, und zwar hier mit Blick darauf, dass das Berufungsgericht dahin erkannt hat (BU S. 13), dass aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Hamburg Vormundschaftsgericht vom 13. März 2003 nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG mit verbindlicher Wirkung auch gegenüber der Beklagten und den Verwaltungsgerichten die Frage positiv beantwortet worden ist, ob die Adoption der Kläger anzuerkennen bzw. wirksam ist.

Da das Amtsgericht hier tatsächlich einen Beschluss nach § 2 AdWirkG erlassen und entschieden hat, dass die "Adoptionsentscheidung des Amtsgerichts .../Türkei … anzuerkennen und wirksam" ist, stellt sich allein die vom Berufungsgericht geprüfte und bejahte Frage, ob diese Entscheidung in Bezug auf die "Wirksamkeit" der Adoption selbst im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG eine "Feststellung nach § 2" ist, die geeignet ist, Bindungswirkung zu entfalten. Ob das Vormundschaftsgericht eine Feststellung nach § 2 Abs. 1 AdWirkG getroffen hat, beantwortet sich nach dem Inhalt der Entscheidung selbst und nicht danach, ob das Gericht auch die in § 2 Abs. 2 AdWirkG vorgesehenen Feststellungen für den Fall einer anzuerkennenden oder wirksamen Annahme getroffen hat oder die Feststellung, ob eine Annahme als Kind anzuerkennen oder wirksam ist, mit der ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlauts hiervon zu trennenden Feststellung verbunden hat, ob das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist. Soweit für die Frage, ob (tatsächlich) in einem Beschluss eines Vormundschaftsgerichts (zumindest) eine (isolierte) Feststellung liegt, dass die Annahme als Kind anzuerkennen oder wirksam ist, von Bedeutung sein mag, ob eine solche (isolierte) Feststellung normativ nicht getroffen werden darf, wenn nicht zugleich ein Ausspruch über das Fortbestehen des Eltern-Kind-Verhältnisses oder eine Feststellung nach § 2 Abs. 2 AdWirkG erfolgt, beträfe dies eine rechtsgrundsätzlicher Klärung nicht zugängliche Frage der Auslegung der gerichtlichen Entscheidung im Einzelfall.

3. Die Frage schließlich, "c) Steht mit der Feststellung des Vormundschaftsgerichts gem. § 2 Abs. 1 AdWirkG, dass das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme nicht erloschen ist, gem. § 4 Abs. 2 S. 1 AdWirkG bindend fest, dass die Voraussetzungen des § 6 StAG nicht gegeben sind?", rechtfertigt deswegen nicht die Zulassung der Revision, weil sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, dass dies nicht der Fall ist. Die Bindungswirkung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG erstreckt sich auf die von dem Vormundschaftsgericht getroffenen Feststellungen und damit auf die Frage, ob eine Adoption anzuerkennen bzw. wirksam ist und ggf. auch darauf erweitert, ob von einem Erlöschen des Eltern-Kind-Verhältnisses auszugehen ist (wenn und soweit insoweit der Bindungswirkung zugängliche Feststellungen getroffen worden sind). Welche staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen sich aus den nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG bindenden vormundschaftsgerichtlichen Feststellungen zu Bestand (Anerkennung oder Wirksamkeit) und Reichweite einer Annahme als Kind ergeben, beurteilt sich allein nach § 6 StAG. Die Bindungswirkung der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung aus § 4 Abs. 2 Satz 1 AdWirkG erstreckt sich dies folgt unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf nicht revisionsgerichtlicher Klärung nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck nicht auch auf die staatsangehörigkeitsrechtlichen Rechtsfolgen. Die von der Beklagten herangezogene Passage aus der Gesetzesbegründung (BTDrucks 14/6011 S. 28) rechtfertigt keine andere Beurteilung und erlaubt insbesondere nicht den Schluss, der Gesetzgeber habe durch die Einführung eines vormundschaftsgerichtlichen Feststellungsverfahrens die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 6 StAG ändern wollen. Gegen die von der Beklagten angenommene "Konzentrationswirkung" auch in Bezug auf staatsangehörigkeitsrechtliche Rechtsfolgen sprechen nicht zuletzt die in § 5 AdWirkG getroffenen Verfahrens- und Beteiligungsregelungen.