OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 21.08.2007 - 2 B 357/07 - asyl.net: M11537
https://www.asyl.net/rsdb/M11537
Leitsatz:

1. Antragsgegner im ausländerrechtlichen Streitverfahren sind wegen der im Zuge der so genannten Kommunalisierung erfolgten Übertragung der ausländerbehördlichen Aufgaben (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) auf die Landkreise, den Stadtverband Saarbrücken und die Landeshauptstadt Saarbrücken diese Gebietskörperschaften.

2. Vermag ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer erkennbar durch seine beabsichtigte Heirat mit einer bleibeberechtigten Landsfrau keine eigene Aufenthaltsberechtigung - hier wegen erkennbaren Fehlens der Voraussetzungen für den Familiennachzug - zu erlangen, so ist für eine Anerkennung von "Vorwirkungen" dieser Eheschließung im Rahmen eines Abschiebungsschutzgesuchs ebenfalls kein Raum.

3. In derartigen Fällen ist es dem Ausländer zuzumuten, die Eheschließung in einer Gewahrsamseinrichtung vorzunehmen. Ein Anspruch, über den letztlich ohnehin der Haftrichter zu befinden hätte, auf "Heirat auf freiem Fuß" und anschließendem Feiern mit Freunden und Verwandten besteht nicht.

 

Schlagwörter: D (A), Duldung, beabsichtigte Eheschließung, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Ehegattennachzug, Familienzusammenführung, Abschiebungshaft
Normen: AufenthG § 71 Abs. 1; AFSVO § 1 Abs. 1; VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 60a Abs. 2; AufenthV § 39 Nr. 5; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

1. Antragsgegner im ausländerrechtlichen Streitverfahren sind wegen der im Zuge der so genannten Kommunalisierung erfolgten Übertragung der ausländerbehördlichen Aufgaben (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) auf die Landkreise, den Stadtverband Saarbrücken und die Landeshauptstadt Saarbrücken diese Gebietskörperschaften.

2. Vermag ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer erkennbar durch seine beabsichtigte Heirat mit einer bleibeberechtigten Landsfrau keine eigene Aufenthaltsberechtigung - hier wegen erkennbaren Fehlens der Voraussetzungen für den Familiennachzug - zu erlangen, so ist für eine Anerkennung von "Vorwirkungen" dieser Eheschließung im Rahmen eines Abschiebungsschutzgesuchs ebenfalls kein Raum.

3. In derartigen Fällen ist es dem Ausländer zuzumuten, die Eheschließung in einer Gewahrsamseinrichtung vorzunehmen. Ein Anspruch, über den letztlich ohnehin der Haftrichter zu befinden hätte, auf "Heirat auf freiem Fuß" und anschließendem Feiern mit Freunden und Verwandten besteht nicht.

(Amtliche Leitsätze)

 

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13.7.2007 – 6 L 792/07 –, mit dem sein Antrag, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, ihn in die Türkei abzuschieben, zurückgewiesen wurde, bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass sich der geltend gemachte Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 1 VwGO) nicht mit Blick auf eine vom Antragsteller beabsichtigte Eheschließung mit der am 1.1.1988 ebenfalls in M. geborenen türkischen Staatsangehörigen unter dem als "Vorwirkung" vom Schutzbereich des Grundrechts des Art. 6 Abs. 1 GG erfassten Aspekt der Eheschließungsfreiheit ergibt. Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Vorbringen des nach Ablehnung eines Visumsantrags durch die Deutsche Botschaft im Jahre 2004 unstreitig illegal in die Bundesrepublik eingereisten und vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung seines Eilrechtsschutzbegehrens. Ein aus seiner Heiratsabsicht ableitbares rechtliches Abschiebungshindernis (§ 60a Abs. 2 AufenthG) kann (auch) danach nicht angenommen werden (vgl. zu den Anforderungen allgemein zuletzt OVG des Saarlandes, Beschluss vom 18.5.2007 – 2 B 221/07 -, m.w.N.). Entscheidend ist vielmehr, dass nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin bereits in erster Instanz (so schon der Schriftsatz vom 28.6.2007, Blatt 40 der Gerichtsakte) selbst nach der beabsichtigten Heirat die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter dem Aspekt des Familiennachzugs (§§ 27 ff. AufenthG) im Falle des Antragstellers "offenkundig derzeit nicht erfüllt" wären, so dass insoweit im Falle des Antragstellers auch nicht von den angesprochenen "Vorwirkungen" einer mit Blick auf Art. 6 GG Bleiberechte vermittelnden Eheschließung mit Frau A, die nach dem Vortrag der Antragsgegnerin noch die Schule besucht, gesprochen werden kann. Auch deswegen sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, weshalb dem offenbar nicht ausreisewilligen Antragsteller die von Seiten der Antragsgegnerin zugestandene Eheschließung in unzumutbar sein sollte. Darauf wurde – über die Verneinung einer Eilbedürftigkeit hinaus - bereits im angefochtenen Beschluss zutreffend hingewiesen. Daher ist entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht von einer Befreiung vom Visumszwang beziehungsweise einer Möglichkeit zur Beantragung eines Aufenthaltstitels "im Bundesgebiet" nach § 39 Nr. 5 AufenthV durch die in Rede stehende Heirat auszugehen. Die Vorschrift setzt nach ihrem eindeutigen Wortlaut voraus, dass der Ausländer "aufgrund einer Eheschließung … während seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat". Dafür, dass dies hier der Fall wäre, fehlt – wie gesagt - jeglicher Vortrag seinerseits.

Soweit der Antragsteller ferner darauf verweist, er habe einen "gesetzlichen Anspruch, die Ehe auf freiem Fuß schließen zu können, um danach mit Verwandten und Freunden feiern zu können", rechtfertigt das bei der geschilderten rechtlichen Ausgangslage ebenfalls keine abweichende Beurteilung.