VG Koblenz

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Zitieren als:
VG Koblenz, Urteil vom 25.06.2007 - 3 K 35/07.KO - asyl.net: M11547
https://www.asyl.net/rsdb/M11547
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, deutsche Kinder, Eltern, Eltern-Kind-Verhältnis, Vaterschaftsanerkennung, Rechtsmissbrauch, Scheinvaterschaft, Zurechenbarkeit
Normen: AufenthG § 28 Abs. 1 Nr. 3
Auszüge:

Die als Untätigkeitsklage nach § 75 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO - zulässige Klage kann in der Sache keinen Erfolg haben.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz – AufenthG -. Zwar sind die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt, wonach die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge zu erteilen ist, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis steht indessen der Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin entgegen.

Diese hat nämlich die Vaterschaftsanerkennung für ihr Kind En. – und damit dessen deutsche Staatsangehörigkeit – in kollusivem Zusammenwirken mit dem deutschen Staatsangehörigen H. J. erwirkt mit dem Ziel, für sich und ihre Kinder ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu erlangen. Auf eine solchermaßen rechtsmissbräuchlich herbeigeführte Vaterschaftsanerkennung kann die Mutter des betroffenen Kindes einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nicht stützen (so auch VG Frankfurt/Main, Urteil vom 1. Dezember 2004 – 1 E 758/04 [3] – StAz 2005, 237 f.; VGH Mannheim, Beschluss vom 3. März 2005 – 13 S 3035/04 -, NJW 2005, 1529 f.).

Es steht zunächst fest, dass das am ... 2002 geborene Kind der Klägerin En. B. nicht von dem deutschen Staatsangehörigen Herrn J. abstammt.

Der Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Klägerin wird auch nicht durch ihren Einwand entkräftet, aufgrund der schwarzen Hautfarbe des Kindes En. sei für den zuständigen Sachbearbeiter des Jugendamtes der Stadt A. offenkundig gewesen, dass Herr J. nicht der Vater dieses Kindes sein könne. Demnach habe dieser die Vaterschaftsanerkennung in Kenntnis dieses Umstandes entgegengenommen. Diese Argumentation geht schon von einer sachlich unrichtigen Grundlage aus. Nach den einschlägigen fachwissenschaftlichen Erkenntnissen der genetischen Forschung kann es nämlich entgegen der Meinung der Klägerin bzw. ihres Prozessvertreters durchaus vorkommen, dass aus der Verbindung einer schwarzen Frau mit einem weißen Mann ein Kind schwarzer Hautfarbe hervorgeht. Schon von daher konnte es für den zuständigen Sachbearbeiter keineswegs offenkundig sein, dass das Kind En, nicht von Herrn J. abstammte. Überdies betreffen die Regelungen der §§ 1591 ff. Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – die Abstammung und knüpfen daher grundsätzlich an die genetisch-biologische Herkunft an. Auch wenn die Unrichtigkeit einer wider besseres Wissen erfolgten Vaterschaftsanerkennung nicht zu deren Unwirksamkeit führt, trifft das Gesetz aber nach seiner vorgenannten Intention die eindeutige Wertung, dass die Vaterschaftsanerkennung nur vom richtigen Vater stammen soll (Palandt, BGB Kommentar, 66. Auflage 2007, Einf. v. § 1591 Rdnr. 1; Müko, Familienrecht II Kommentar, Band 8, 4. Auflage 2002 vor § 1591 Rdnr. 16; OLG München FamRZ 1985, 530; VG Frankfurt a.a.O.).

Ist die Vaterschaftsanerkennung für das Kind En. nach alledem in rechtsmissbräuchlicher Weise durch kollusives Zusammenwirken der Klägerin mit Herrn J. zustandegekommen, um ihr ein Aufenthaltsrecht zu vermitteln, so kann sie sich entgegen der von ihr vertretenen Rechtsauffassung hierauf nicht berufen, um daraus für sich einen aufenthaltsrechtlichen Nutzen zu ziehen. Insbesondere der Einwand, der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs sei schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil sie sich lediglich auf den Status ihres Kindes En. berufe, den dieses ohne eigenes Zutun aufgrund der in Deutschland geltenden Rechtslage erlangt habe, überzeugt nicht. Zwar hat das Kind En. hier keine eigenen Erklärungen abgegeben, es muss sich aber die in diesem Zusammenhang erfolgten wahrheitswidrigen Angaben der Klägerin zurechnen lassen (so auch VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Überdies handelt die Klägerin selbst auch weiterhin rechtsmissbräuchlich, indem sie nunmehr in Kenntnis des rechtsmissbräuchlichen Zustandekommens der Vaterschaftsanerkennung gleichwohl daran festhält und unter Hinweis darauf den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stützt.