OLG Düsseldorf

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Zitieren als:
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.08.2007 - I-3 Wx 183/07 - asyl.net: M11610
https://www.asyl.net/rsdb/M11610
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Haftdauer, Verlängerung, Passlosigkeit, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Guinea, Guineer, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Passlosigkeit, Verhältnismäßigkeit
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5; AufenthG § 62 Abs. 3
Auszüge:

Die zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg mit dem Ergebnis, dass die Betroffene sofort aus der Haft zu entlassen ist.

1. a) Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betroffene habe den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG verwirklicht.

b) Zwar halten diese Ausführungen – unter Zugrundelegung des beim Landgericht zur Entscheidung stehenden Sachverhalts – der dem Senat obliegenden rechtlichen Überprüfung stand.

2. Das Bestehen eines Haftgrundes reicht indes nicht aus, die Haft bis zu den Höchstfristen des § 62 Abs. 3 AufenhG auszuschöpfen. Mit Blick auf die Schwere des Eingriffs in die persönliche Freiheit kommt der Frage der Verhältnismäßigkeit mit zunehmender Dauer der Freiheitsentziehung gesteigerte Bedeutung zu.

a) Nach den Angaben des Antragstellers steht nunmehr fest, dass die Betroffene nicht innerhalb der bis zum 05. Oktober 2007 angeordneten Haft abgeschoben werden kann.

Unter diesen Voraussetzungen ist eine Aufrechterhaltung der Abschiebungshaft nur in Betracht zu ziehen, wenn zugleich die Voraussetzungen vorliegen, unter denen gemäß § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ausnahmsweise eine Verlängerung über die ersten sechs Monate hinaus in Betracht kommt, nämlich die Verhinderung der Abschiebung durch das Verhalten des Ausländers, die fortbestehende Ursächlichkeit zwischen diesem Verhalten und der bisherigen Nichtabschiebung sowie die Beachtung des Beschleunigungsgebotes der Ausländerbehörde (Schleswig-Holsteinisches OLG - 2 W 107/06 vom 19.07.2006 OLGR Schleswig 2006, 722; vgl. auch OLG Frankfurt - 20 W 552/05 vom 05.01.2006 bei Juris).

b) Wenn auch – entgegen der Auffassung des Antragstellers – keineswegs feststeht, dass die Betroffene jederzeit ihren Pass "hätte besorgen lassen können", so mag vorliegend unterstellt werden, dass das Verhalten der Betroffenen, insbesondere die in Rede Täuschung über die Identität ihrer Person, darauf abzielt, die Abschiebung zu verhindern. Ein solches Verhalten ist indes nach aktuellem Stand nicht mehr als ursächlich für die bisherige Nichtabschiebung der Betroffenen anzusehen. Denn das Passersatzpapier für die Betroffene ist am 26. Juli 2007 ausgestellt worden. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätte die in Aussicht genommene Abschiebung – ungeachtet der Verweigerungshaltung der Betroffenen – daher längst vollzogen werden können. Dass die Botschaft Guineas – möglicherweise, um auf die Betroffene Druck auszuüben, ein etwa noch in ihrem Besitz oder ihrer Verfügungsmacht stehendes Passpapier vorzulegen – die Gültigkeit des ausgestellten Passersatzpapiers auf den 01. Januar 2008 hinausgeschoben hat, ist nicht Folge eines der Betroffenen anzulastenden Verhaltens, sondern stellt sich als eine Unterbrechung des von ihr zu verantwortenden Geschehensablaufs dar. Diese Handhabung widerspricht zudem dem Sinn und dem Zweck der Abschiebungshaft, die nicht darin liegen, auf den betroffenen Ausländer erzieherisch zu wirken oder sein Wohlverhalten zu erzwingen, sondern allein in der Sicherstellung des Abschiebungsvollzuges.