VG Würzburg

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Zitieren als:
VG Würzburg, Urteil vom 26.07.2007 - W 5 K 07.30078 - asyl.net: M11701
https://www.asyl.net/rsdb/M11701
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, räumliche Beschränkung, Aufenthaltsgestattung, Umverteilung, Schutz von Ehe und Familie, Ermessen
Normen: AsylVfG § 55 Abs. 1; GG Art. 6 Abs. 1
Auszüge:

1. Die Klage ist zulässig und begründet.

2. Aufenthalt und Wohnsitz von Asylbewerbern werden durch §§ 45 ff. AsylVfG räumlich beschränkt. Auch in § 55 Abs. 1 AsylVfG kommt zum Ausdruck, dass Asylbewerber grundsätzlich keinen Anspruch darauf haben, sich in einem bestimmten Land oder an einem bestimmten Ort aufzuhalten (vgl. Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensrecht, RdNr. 2 zu § 51 AsylVfG).

Nach § 51 Abs. 1 AsylVfG ist u. a. der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten auch durch länderübergreifende Verteilung Rechnung zu tragen. Die Regelung dient dem Schutz familiärer und besonderer humanitärer Belange des Asylbewerbers (vgl. Hailbronner, AuslR, RdNr. 2 zu § 51 AsylVfG). Es soll sichergestellt sein, dass wichtige Belange des Asylantragstellers bei der Entscheidung, in welchem Bundesland er Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen hat, nicht hinter verfahrenstechnischen Erfordernissen zurücktreten (Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensrecht, a.a.O., RdNr. 2 zu § 51 AsylVfG). § 51 AsylVfG stellt eine Ausnahmeregelung von der grundsätzlich vorzunehmenden Verteilung nach Länderaufnahmequoten dar (Renner, AuslR, RdNr. 2 zu § 51 AsylVfG).

Eine länderübergreifende Verteilung kommt in Betracht, soweit der Ausländer in einer Haushaltsgemeinschaft mit seinem Ehegatten lebt. Die Berücksichtigung ist Ausdruck des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG (Hailbronner, a.a.O., RdNr. 7 zu § 51 AsylVfG). Gewährleistet werden soll die Herstellung oder Erhaltung der Haushaltsgemeinschaft der Kernfamilie (Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensrecht, RdNr. 4 zu § 51 AsylVfG).

§ 51 AsylVfG ist während des gesamten Asylverfahrens anwendbar. Die asylverfahrensrechtliche Zuweisung erlischt auch nicht automatisch mit der bestands- oder rechtskräftigen Ablehnung des Asylantrags. Die Zuweisung gilt vielmehr fort (Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensrecht, RdNr. 2 zu § 51 AsylVfG n.w.N.). Die zwischenzeitlich erfolgte Abschiebung der Klägerin nach Tschechien führt nicht zur Unanwendbarkeit des § 51 Abs. 1 AsylVfG.

Das Landesamt hat den Umverteilungsantrag der Klägerin zu Unrecht abgelehnt. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AsylVfG. Sie kann sich auf den Schutz des Kernbereichs der Familie stützen.

Die in § 51 AsylVfG genannten Belange – wie vorliegend die Haushaltsgemeinschaft der Kernfamilie – eines Asylbewerbers müssen nicht nur in die intendierte Ermessensentscheidung (Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensrecht, RdNr. 5 zu § 51 AsylVfG; Hailbronner, a.a.O., RdNr. 16 zu § 51 AsylVfG) eingestellt werden, sondern es ist im Regelfall vorgegeben, dass ihnen durch eine länderübergreifende Verteilung Rechnung getragen wird. Davon kann nur in besonders begründeten Ausnahmefällen (atypische Fallgestaltungen) abgewichen werden (Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensrecht, RdNr. 5 zu § 51 AsylVfG; Renner, AuslR, RdNr. 4 zu § 51 AsylVfG). Die Klägerin hat am 31. Mai 2004 in Ulan Bator einen deutschen Staatsangehörigen geheiratet.