VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 10.07.2007 - M 4 K 07.50231 - asyl.net: M11755
https://www.asyl.net/rsdb/M11755
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Gruppenverfolgung, Verfolgung durch Dritte, nichtstaatliche Verfolgung, Sunniten, Schiiten, Verfolgungsdichte
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG liegen nicht vor.

Eine Gruppenverfolgung von Sunniten durch Schiiten liegt nicht vor.

Weder aus dem Vortrag des Klägers noch aus der Auswertung der ins Verfahren eingeführten Erkenntnismittel und allgemeinkundiger Informationen kann das Gericht Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung von Sunniten entnehmen. Soweit Sunniten Angriffen gleich welcher Art durch Schiiten, seien es schiitische Organisationen (Milizen usw.) oder Einzelpersonen, ausgesetzt sind, drohen ihnen entsprechende Gefahren nicht landesweit. Die Bevölkerungsgruppe der Sunniten macht im Irak etwa 17 bis 22% der irakischen Bevölkerung aus (Lagebericht vom 11.1.2007, S. 12), der Siedlungsschwerpunkt sind die Gegenden nördlich und westlich von Bagdad (sog. "sunnitisches Dreieck", u.a. mit den Städten Baquba, Tikrit, Ramadi und Falluja). Jedenfalls in diesen Gebieten sind Sunniten politischer Verfolgung durch Schiiten, die die Qualität von Gruppenverfolgung erreichen könnte, nicht ausgesetzt; sie unterliegen allerdings der im ganzen Land bestehenden allgemeinen Gefahr des ungezielten Terrorismus. Ferner gibt es in diesen Gegenden (umgekehrt) Angriffe gegen Schiiten seitens sunnitischer Aufständischer. Der Kläger selbst konnte in der mündlichen Verhandlung keine stichhaltigen Gründe dafür nennen, weshalb er in "sunnitischen" Gebieten keinen Schutz vor Schiiten finden könnte, er verwies lediglich pauschal darauf, auch dort durch Schiiten gefährdet zu sein. Ferner machte er Gefährdungen durch die dort stattfindenden militärischen Operationen geltend; solche Aktionen richten sich jedoch nicht gegen Sunniten aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe, sondern gegen Aufständische und Terroristen. Schließlich hat der Kläger – auch hier seinen Vortrag als zutreffend unterstellt – nichts dafür vorgetragen, dass er sich in irgendeiner Weise als Sunnit besonders – etwa als politischer Aktivist oder Propagandist – exponiert hätte, um persönlich als Ziel von politischer Verfolgung seitens der Schiiten gefährdet zu sein.