Vorläufiger Rechtsschutz gegen Rückstufung auf § 3 AsylbLG.
Vorläufiger Rechtsschutz gegen Rückstufung auf § 3 AsylbLG.
(Leitsatz der Redaktion)
Der zulässige Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist begründet.
Rechtsgrundlage für die begehrte Entscheidung auf Aufhebung des angeordneten Sofortvollzuges ist § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Den Antragstellern sind mit letztem bestandskräftigen Bescheid vom 19. Juni 2007 Leistungen nach § 2 AsylbLG ohne zeitliche Befristung gewährt worden. Es handelt sich mithin um einen unbefristeten Dauerverwaltungsakt. Mit dem Änderungsbescheid vom 01. Oktober 2007 greift der Antragsgegner in diese bestehende Rechtsposition der Antragsteller ein und verweigert die Gewährung der erhöhten Leistungen. Zwar hat der dagegen eingelegte Anfechtungswiderspruch gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung, sofern nicht durch Bundesgesetz etwas anderes geregelt ist, § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG. Die aufschiebende Wirkung entfällt allerdings in Fällen, in denen - wie hier - die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung angeordnet worden ist (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG).
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs ist wiederherzustellen.
Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich im gerichtlichen Eilverfahren in Fällen des angeordneten Sofortvollzugs nicht darauf, ob die Anordnung des Sofortvollzuges und insbesondere seine Begründung den Voraussetzungen des § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG entspricht. Die Befugnis des Gerichtes ist nicht auf die Kassation der behördlichen Vollzugsanordnung beschränkt. Es hat vielmehr eigenständig und losgelöst von der vorangegangenen behördlichen Vollzugsanordnung die Frage zu beurteilen, ob die aufschiebende Wirkung des Anfechtungswiderspruchs wiederherzustellen ist (vgl. zu § 80 Abs. 5 VwGO Finkelburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. RdNr. 855 m.w.N.).
Welche Kriterien für diese Entscheidung heranzuziehen sind, ist in § 86b SGG nicht geregelt worden. Da die Regelungen des einstweiligen Rechtsschutzes in §§ 86a und 86b SGG den Regelungen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nachgebildet sind, kann eine Orientierung an den von der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu § 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO ausgearbeiteten Grundsätzen erfolgen. Danach kommt es für die Rechtmäßigkeit der sofortigen Vollziehung darauf an, ob das Interesse an der Vollziehung schwerer wiegt als das gegenläufige Interesse am Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Dabei kann entsprechend der Eigenart des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens die Rechtmäßigkeit des zu Grunde liegenden Verwaltungsaktes nur summarisch überprüft werden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen, denn es ist nach summarischer Prüfung nicht von vornherein erkennbar, dass der Bescheid vom 01. Oktober 2007 rechtswidrig oder rechtmäßig wäre. Die von den Antragstellern aufgeworfene Rechtsfrage, ob auch Zeiten des Leistungsbezuges nach § 2 AsylbLG neben Zeiten des Leistungsbezugs nach § 3 AsylbLG zu einer Berechtigung nach § 2 AsylbLG führen können, ist zumindest eine ungeklärte, aber klärungsbedürftige Rechtsfrage. Denn es ist keinesfalls eindeutig, dass nur der tatsächliche Bezug von nach § 3 AsylbLG gewährten Leistungen ausreicht, die 36-Monats-Frist des § 2 AsylbLG auszufüllen. Bei der Entscheidung über diese Rechtsfrage ist nämlich zu bedenken, ob der Sinn und Zweck des § 2 AsylbLG (die Integration bereits länger als 48 Monate in Deutschland lebender Leistungsempfänger durch höhere Leistungen zu fördern) auch die Anrechnung von Zeiten des Leistungsbezugs nach § 2 AsylbLG zulässt. Eine solche Auslegung des § 2 AsylbLG erscheint jedenfalls nicht vorn vornherein ausgeschlossen, da die Verweildauer in Deutschland einen entsprechenden Integrationsbedarf nahelegen kann; hierüber wird - ggf. im sozialgerichtlichen Instanzenzug - grundsätzlich zu entscheiden sein.
Die deshalb durchzuführende Folgenabwägung geht zugunsten der Antragsteller aus. Vorliegend geht es um die Frage, ob Leistungen nach § 2 AsylbLG oder lediglich nach § 3 AsylbLG gewährt werden und die Antragsteller im letzteren Falle ein deutlich unterhalb des Sozialhilfeniveaus liegendes Leistungsniveau hinzunehmen haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese unterhalb der Sozialhilfe liegenden Leistungen für die Betroffenen erhebliche Einschnitte in der Lebensführung einschließlich verringerter Integrationsmöglichkeiten der Ausländer zur Folge haben. Die dem gegenüberstehenden öffentlichen Interessen an sparsamer Mittelverwaltung treten jedenfalls bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens dahinter zurück.