VGH Hessen

Merkliste
Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 02.10.2006 - 12 TG 1870/06 - asyl.net: M11814
https://www.asyl.net/rsdb/M11814
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Familienzusammenführung, Ehegattennachzug, eigenständiges Aufenthaltsrecht, Ehebestandszeit, rechtmäßiger Aufenthalt, Aufenthaltsdauer, Aufenthaltsbewilligung, Erlöschen, auflösende Bedingung, Auslegung, Au-Pair
Normen: AufenthG § 31 Abs. 1; AuslG § 14; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Eilrechtsschutzantrag der Antragstellerin zu entsprechen.

Das Merkmal der "Rechtmäßigkeit" in § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bezieht sich auf den Aufenthalt (siehe auch Ziffer 31.1.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz). Der ausländische Ehegatte und sein Ehepartner müssen sich während der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben. Die kann sich aus der zum Zwecke der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilten Aufenthaltserlaubnis (§ 27 AufenthG) oder aus anderen Aufenthaltstiteln bzw. einem fiktiven Aufenthaltsrecht nach § 81 Abs. 3 AufenthG ergeben (Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 8. Aufl., § 31 AufenthG Rdnr. 7).

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nicht angenommen werden, dass die der Antragstellerin erteilte Aufenthaltsbewilligung für die Tätigkeit als Au-Pair vorzeitig erloschen ist. Insbesondere wäre dies auch dann nicht der Fall, wenn man - was von der Antragstellerin allerdings bestritten wird - davon ausgeht, dass ihre tatsächliche Beschäftigung als Au-Pair bei der Familie ... in Bad Camberg schon im Juni oder Juli 2002 geendet hat und die Antragstellerin nicht lediglich im August noch den ihr zustehenden Urlaub genommen hatte.

Die Aufenthaltsbewilligung wurde der Antragstellerin unter dem 9. November 2001 mit folgender Nebenbestimmung (§ 14 AuslG a.F., § 36 HVwVfG), erteilt: "Nur gültig für die Tätigkeit als Au-Pair in Verbindung mit der Arbeitserlaubnis des zuständigen Arbeitsamtes. Sonstige Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Au-Pair Familie: ..., ...straße ..., Bad Camberg".

Die Fälle des Erlöschens einer Aufenthaltsgenehmigung waren im Ausländergesetz in § 44 geregelt, wobei anerkannt war, dass zu den dort genannten Erlöschenstatbeständen noch die Fälle der Rücknahme einer Aufenthaltsgenehmigung hinzu kamen (siehe Hailbronner, Ausländerrecht, § 44 AuslG, Rdnr. 1). Hiernach führt der Eintritt einer zulässig verfügten (§ 14 AuslG) auflösenden Bedingung zum Erlöschen einer Aufenthaltsgenehmigung, nicht jedoch allein der Wegfall des ursprünglichen Aufenthaltszwecks. So ist etwa allgemein anerkannt, dass eine ehebezogene Aufenthaltserlaubnis nicht allein schon durch die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft erlischt, sondern zur Beendigung eine nachträgliche Befristung durch Verwaltungsakt erforderlich ist. Entsprechendes gilt für die vorzeitige Beendigung einer Au-Pair-Tätigkeit, sofern die Aufenthaltsgenehmigung keine auflösende Bedingung enthält.

Eine derartige auflösende Bedingung enthielt die der Antragstellerin erteilte Aufenthaltsgenehmigung nicht. Im Falle der Beifügung von Nebenbestimmungen ist es grundsätzlich Sache der Behörde, klar, bestimmt, verständlich und widerspruchsfrei zum Ausdruck zu bringen, was gemeint ist und gelten soll (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 36 Rdnr. 11). Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (Kopp/Ramsauer, a.a.O.). In der Aufenthaltsgenehmigung der Antragstellerin kommt nicht zum Ausdruck, dass die vorzeitige Beendigung der Au-Pair-Tätigkeit zu einem sofortigen Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung führen soll. Eine ausdrückliche auflösende Bedingung ist demgegenüber etwa dem Visum der Antragstellerin beigefügt worden mit der Formulierung "Die Aufenthaltsgenehmigung erlischt bei Beantragung/Bezug von Sozialhilfe". Dementsprechend werden Nebenbestimmungen wie die vorliegende in der Rechtsprechung (BayVGH, 28.08.1998 - 10 Cs 98.814 -, juris-Ausdruck Rdnr. 3) als Auflage und nicht als auflösende Bedingung eingeordnet. Eine ausdrücklich verfügte auflösende Bedingung bei vorzeitiger Beendigung der Au-Pair-Tätigkeit im Unterschied dazu etwa der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. November 2001 (Au 1 S 01.1516, juris-Ausdruck Rdnr. 11) zu Grunde.