Die Klage ist, soweit es den Hauptantrag betrifft, zulässig und begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Bescheid aufgehoben und ihm ein Visum zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland von der Beklagten erteilt wird. Ihm kann und muss (aufgrund der Reduzierung des Ermessens der Beklagten) ein Visum zum Zweck der Einreise als Spätaussiedler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erteilt werden.
Der Kläger unterliegt dem Anwendungsbereich des Aufenthaltsgesetzes gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 AufenthG, weil er Ausländer und nicht Deutscher i.S. des Art. 116 Abs. 1 GG ist. Da er sich noch in Kasachstan aufhält, hat er noch nicht als deutscher Volkszugehöriger Aufnahme in der Bundesrepublik gefunden. Aus dem Aufnahmebescheid ergibt sich nichts anderes. Zwar wird der Kläger darin als Spätaussiedler i.S. des § 4 BVFG bezeichnet. Aus § 4 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BVFG ergibt sich jedoch, dass ein Spätaussiedler erst dann die Stellung als Deutscher i.S. des Art. 116 Abs. 1 GG erwirbt, wenn er im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat. Hierfür muss er also zunächst in die Bundesrepublik einreisen (vgl. Hess, VGH, Beschluss vom 20. Februar 2001, 12 TG 1564/99 m.w.N.).
Der Kläger bedarf auch eines Visums i.S. der §§ 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, 6 Abs. 4 AufenthG, um in das Bundesgebiet einreisen zu können. Er ist als Staatsangehöriger Kasachstans nicht von der Einholung eines Visums befreit (siehe hierzu die Verordnung [EG] Nr. 539-2001 des Rates zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumspflicht befreit sind - EG-VisaVO -).
Dem Recht und der Pflicht des Klägers, für eine Einreise ein Visum einzuholen, steht nicht entgegen, dass das Aufenthaltsgesetz selbst Inhaber von Spätaussiedlerbescheinigungen nicht erwähnt. Die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes enthalten keine abschließenden Bestimmungen dazu, zu welchen Zwecken Ausländern die Einreise gestattet werden kann. Dies zeigt § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, wonach eine Aufenthaltserlaubnis für einen nicht von dem Gesetz vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden kann. In § 33 AufenthV hat der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber zudem deutlich gemacht, dass auch Spätaussiedler für die Einreise in das Bundesgebiet eines Visums bedürfen.
Für die Einreise eines Spätaussiedlers (also zur Nutzung eines Aufnahmebescheides) kann ein Visum auch nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erteilt werden. Ein solches Einreisebegehren stellt einen begründeten Fall dar, in welchen für einen von dem Aufenthaltsgesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck ein Visum erteilt werden kann. Der § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG ist als Auffangklausel anwendbar. Der Zweck, als Spätaussiedler in das Bundesgebiet einreisen zu können und hier Aufnahme zu finden, ist im Aufenthaltsgesetz nicht geregelt worden. Der vom Kläger vorliegend begehrte Nachzug hat seine maßgebliche Grundlage in der ihm zuerkannten Eigenschaft als Spätaussiedler. Der Kläger hat ausdrücklich die "Erteilung eines Visums für Spätaussiedler gemäß BVFG" beantragt (Bl. 68 des Verwaltungsvorganges der Beklagten).
Kann demnach dem Inhaber eines Aufnahmebescheides nach § 15 BVFG im Ausland ein Einreisevisum gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG erteilt werden, so dürfen nicht alle weiteren Voraussetzungen des Aufenthaltsgesetzes von der nach § 71 Abs. 2 AufenthG vom Auswärtigen Amt ermächtigten Botschaft bei der Bescheidung eines Visumsantrages geprüft werden. Andernfalls würden der Sinn und Zweck eines Aufnahmeverfahrens und der Regelungsgehalt eines Aufnahmebescheides unterlaufen. Es ist den Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge Rechnung zu tragen und die Rechtsposition eines Ausländers zu beachten, die ihm durch die Ausstellung eines Aufnahmebescheides verliehen wird. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass in dem Aufnahmebescheid die Eigenschaft als Spätaussiedler für den Fall des Verlassens der Aussiedlungsgebiete festgestellt wird. Der Aufnahmebescheid soll eine Aufnahme in Deutschland, ggf. nach vorheriger Festlegung der Verteilung und des frühesten Einreisetermins, ermöglichen (§§ 8, 26, 27 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 BVFG). Das hierfür allein zuständige BVA ermittelt und klärt dabei alle Voraussetzungen der §§ 4 bis 6 BVFG (Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Auflage, München 2005, § 7 StAG, Rn. 17 m.w.N.). Es stellt Spätaussiedlern gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft (i.S. des § 4 BVFG) eine Bescheinigung aus. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 BVFG ist die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine andere Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch das BVA beantragen (Satz 5). Daraus folgt, dass mit dem Aufnahmebescheid verbindlich auch für die Botschaften der Beklagten festgestellt wird, dass die betreffende Person als Spätaussiedler in das Bundesgebiet einreisen und dort das Aufnahmeverfahren weiterführen können soll. Die anderen Stellen - also auch die Botschaften - dürfen dem Einreisebegehren keine Aspekte entgegen halten, die bereits im Aufnahmeverfahren vom BVA berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfen auch dem Einreisebegehren entgegenstehende Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nicht angewendet werden.
Die Erteilung eines Visums an einen Spätaussiedler darf bspw. nicht von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abhängig gemacht werden. Forderte man die Sicherung des Lebensunterhaltes, so wäre der mit dem Aufnahmeverfahren verfolgte Zweck in den allermeisten Fällen nicht zu erreichen.
Ferner darf die Erteilung eines Visums an den Kläger als Spätaussiedler vorliegend nicht davon abhängig gemacht werden, dass er die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG genannte Regelerteilungsvoraussetzung erfüllt. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger tatsächlich nicht. Er hat durch seine strafrechtlichen Verfehlungen in Kasachstan Ausweisungsgründe bzw. -tatbestände i.S. des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Dies darf ihm aber vorliegend nicht von der Botschaft entgegengehalten werden. Denn das BVA hat sich in Kenntnis der Verurteilungen dafür entschieden, dem Kläger gleichwohl einen Aufnahmebescheid zu erteilen. Für eine erneute Prüfung und Bewertung der vom Kläger begangenen Straftaten durch die Botschaft ist aufgrund der Bindungswirkung des Aufnahmebescheides gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 BVFG kein Raum mehr.
Soweit (andere) Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG bei einem Einreisebegehren eines Spätaussiedlers geprüft werden müssen, erfüllt der Kläger diese.
Zu prüfen ist (stets) das Erfordernis der Passpflicht und der Sicherung der Identität (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und Nr. 1 a AufenthG).
Ob ferner auch die Erfüllung der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG vom Kläger gefordert werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Es sprechen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger aus einem "sonstigen Grund", also unabhängig von den soeben gewürdigten Ausweisungstatbeständen, die Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet. Diese Regelerteilungsvoraussetzung wäre mithin erfüllt.
Das demnach der Beklagten eröffnete Ermessen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 AufenthG, nach welchem dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, ist vorliegend dahingehend reduziert, dass sich nur die Erteilung des Visums als rechtmäßig und den Kläger nicht in seinen Rechten, jede andere Ermessensausübung sich aber als rechtswidrig erweist. Die sogenannte Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich vorliegend aus den oben dargelegten Vorschriften des Gesetzes über die Anerkennung von Vertriebenen und Flüchtlingen und dem bindenden Aufnahmebescheid. Dieser soll den Kläger zur Einreise und Aufnahme in die Bundesrepublik berechtigen. Dem kann die Beklagte nur dadurch Rechnung tragen, dass sie dem Kläger das beantragte Visum erteilt. Die bereits bei Erteilung des Aufnahmebescheides berücksichtigten strafrechtlichen Verurteilungen darf die Beklagte dem Kläger nicht mehr - auch nicht unter den Aspekten Gefahrenabwehr und Integrationserschwernis - entgegenhalten. Aus den oben genannten Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge wird deutlich, dass auch "Straftäter" als Spätaussiedler in die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen werden können. Nicht die im Bereich der allgemeinen Kriminalität oft zu befürchtende Rückfallwahrscheinlichkeit, sondern allein die Unwürdigkeit eines Ausländers i.S. des § 5 BVFG soll seiner Aufnahme entgegenstehen.