VG Freiburg

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Zitieren als:
VG Freiburg, Beschluss vom 12.09.2007 - 1 K 1746/07 - asyl.net: M11910
https://www.asyl.net/rsdb/M11910
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Duldung, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, beabsichtigte Eheschließung, Schutz von Ehe und Familie, Ausreisehindernis, Prozesskostenhilfe, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: VwGO § 123 Abs. 1; AufenthG § 25 Abs. 5; AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1; VwGO § 166; ZPO § 114
Auszüge:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Rechtsanwalts ist zulässig aber unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet keine hinreichende Erfolgsaussicht (§§ 166 VwGO, 114, 121 ZPO). Die Erfolglosigkeit ihres Eilantrags ergibt sich aus den nachstehenden Ausführungen.

Hinsichtlich des Antragsgegners zu 2 ist der Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig. Er ist jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin zwar einen Anordnungsgrund – die am 18.9.2007 bevorstehende Abschiebung –, nicht hingegen einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Ein sicherungsfähiger Anspruch nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (in der seit 28.8.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union [EURLAsylUmsG], vom 19.8.2007, BGBl I 2007, 1970) steht der Antragstellerin schon deshalb nicht zu, weil sie (noch) nicht mit dem deutschen Staatsangehörigen Herrn L. verheiratet ist. Die geltend gemachte Eheschließungsabsicht lässt ferner auch kein sicherungsfähiges Recht aus § 25 Abs. 5 AufenthG ("rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise") bzw. § 60 a Abs. 2 AufenthG "rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung") entstehen. Die Aussetzung einer – grundsätzlich rechtlich zwingend gebotenen – Abschiebung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers wegen einer beabsichtigten Eheschließung mit einer/einem deutschen Staatsangehörigen im Bundesgebiet kann aus Rechtsgründen (Vorwirkung des Art. 6 Abs. 1 GG) in Betracht kommen, wenn im konkreten Einzelfall die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.11.2001 - 11 S 1848/01 - InfAuslR 2002, 228). Dies ist anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist. Sind die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits soweit vorangeschritten, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird, so kommt die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung in Betracht, wenn dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (Hamb. OVG, Beschl. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 - InfAuslR 2007, 282; Nds. OVG, Beschl. v. 7.11.2006 - 7 ME 176/06 - Juris; Sächs. OVG, Beschl. v. 16.5.2006 - 3 BS 61/06 AuAS 2006, 242).

Die Antragstellerin hat diese Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht. Wie sich aus der von ihr vorgelegten E-Mail der Außenstelle Lagos der Deutschen Botschaft ergibt (vgl. GAS. 13), befinden sich die nigerianischen Personenstandsurkunden noch in der Überprüfung. Wie die Außenstelle unter dem 28.6.2007 mitteilte, seien die Unterlagen dem örtlichen Vertrauensanwalt zur Überprüfung übergeben worden. Dieser sei bemüht, den Auftrag sobald wie möglich zu bearbeiten. In der Regel liege ein Ergebnisbericht nach drei bis vier Monaten vor. Es könne jedoch in Einzelfällen auch zu Verzögerungen aufgrund Streiks, Unruhen vor Ort oder wegen Abwesenheit von Familienangehörigen bzw. Referenzpersonen kommen. Mit Auswertung des Anwaltsberichts durch die Außenstelle Lagos und einer Stellungnahme zum Überprüfungsergebnis sei Ende Oktober 2007 zu rechnen.

Konkrete Ergebnisse liegen folglich auch im heutigen Zeitpunkt noch nicht vor, so dass ein konkreter Heiratstermin nicht realistisch prognostiziert werden kann. Von einem unmittelbaren Bevorstehen kann in aller Regel gerade nicht ausgegangen werden, wenn der Ausländer bei Behörden seines Heimatlandes noch für die Heirat erforderliche Unterlagen beschaffen muss (Saarl. OVG, Beschl. v. 7.12.2006 - 2 W 33/06 Juris).

Anhaltspunkte dafür, dass eine erzwungene vorübergehende Rückkehr der Antragstellerin nach Nigeria eine Heirat unmöglich machen würde, gibt es schließlich nicht. Die durch eine – sehr wahrscheinlich unabwendbare – Abschiebung eintretende Sperrwirkung kann nachträglich befristet werden. Für Zwecke einer Heirat in Deutschland kann der Antragsgegner ferner eine Betretenserlaubnis erteilen (vgl. § 11 Abs. 2 AufenthG).