VG München

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Zitieren als:
VG München, Beschluss vom 07.09.2007 - M 10 S 07.3389 - asyl.net: M11918
https://www.asyl.net/rsdb/M11918
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Klagefrist, Fristversäumnis, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Verschulden, Prozessbevollmächtigte
Normen: VwGO § 74 Abs. 1; VwGO § 60 Abs. 1; VwGO § 60 Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht deshalb unzulässig, weil die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO versäumt wurde und die Klage deshalb unzulässig ist, denn eine Anfechtungsklage gegen einen unanfechtbaren Verwaltungsakt kann grundsätzlich keinen Erfolg haben. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn hinsichtlich der Klagefrist gemäß § 60 VwGO Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt wurde, weil erst eine gewährte Wiedereinsetzung die eingetretene Bestandskraft des Verwaltungsakts und damit das Zulässigkeitshindernis der Verfristung beseitigt und die aufschiebende Wirkung entstehen lässt (Kopp, VwGO, § 80, RdNr. 50, Fußnote 86 ff.). In diesen Fällen kann jedoch bereits vor der Entscheidung über einen bereits gestellten Wiedereinsetzungsantrag vorläufiger Rechtsschutz mittels einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO realisiert werden (Kopp, VwGO, § 80, RdNr. 50).

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Die Klage wird wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig bleiben.

Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wird nach § 60 Abs. 1 und 2 VwGO gewährt, wenn der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist einzuhalten, er binnen 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses den Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt hat und die Klageerhebung innerhalb dieser Frist nachgeholt wird. An einem Verschulden i.S.v. § 60 Abs. 1 VwGO fehlt es, wenn dem Antragsteller nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass die Klagefrist verstrichen ist. Verschuldet ist die Versäumung einer Frist, wenn der Antragsteller die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozessführenden geboten ist und die ihm subjektiv nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war. Handelt der Antragsteller nicht selbst, sondern beauftragt er einen Dritten mit der Klageerhebung, so ist das Verschulden des Bevollmächtigten dem Antragsteller gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen.

Der Antragsteller hat einen Dritten, Herrn D., damit beauftragt, den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit der Klageerhebung zu beauftragen. Herr D. ist zwar nicht Prozessbevollmächtigter des Antragstellers, jedoch Bevollmächtigter hinsichtlich der Übermittlung des Bescheides und des Auftrag zur Klageerhebung an den eigentlichen Prozessbevollmächtigten. Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers belegt, dass Herr D. den Auftrag des Klägers nicht ausgeführt hat. Die Schilderung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers lässt erkennen, dass Herr D. die erforderliche Sorgfalt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Bevollmächtigten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zuzumuten gewesen wäre, außer Acht gelassen hat. Herr D. hat schlichtweg vergessen, den Bescheid der Antragsgegnerin dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers auszuhändigen und ihm den Auftrag zur Klageerhebung zu erteilen.

Auch hat es der Antragsteller selbst nach der Beauftragung des Herrn D. unterlassen, die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten walten zu lassen. Dem Antragsteller war aufgrund der Rechtsbehelfsbelehrung bekannt, dass die Klagefrist einen Monat nach Zustellung des Bescheides am 25. April 2007 ablaufen würde. Es hätte ihm also irgendwann nach dem 25. Mai 2007 eine Nachricht des Prozessbevollmächtigten zugehen müssen, dass dieser Klage gegen den Bescheid vom ... April 2007 erhoben habe. Obwohl der Antragsteller bis zum 5. Juli 2007 keinerlei Nachricht seines Prozessbevollmächtigten über eine Klageerhebung erhalten hatte und die im Bescheid vom ... April 2007 gesetzte Ausreisefrist längst abgelaufen war, hat er sich nicht um das Rechtsmittelverfahren bezüglich des Bescheides vom ... April 2007 gekümmert. Da er nicht einen Rechtsanwalt, sondern einen Dritten mit der Übergabe des Bescheides und des Auftrags zur Klageerhebung an einen Prozessbevollmächtigten beauftragt hatte, gehört es zu seinen Sorgfaltspflichten, sich nochmals zu vergewissern, ob der Beauftragte den Auftrag tatsächlich ausgeführt hat bzw. beim Prozessbevollmächtigten nachzufragen, ob dieser tatsächlich Klage erhoben hat. Zudem hätte die Tatsache, dass die Ausreisefrist am 31. Mai 2007 abgelaufen war und er keinerlei Nachricht von der Antragsgegnerin über eine etwaige Verlängerung der Ausreisefrist wegen der anhängigen Klage erhalten hatte, den Antragsteller dazu veranlassen müssen, zu überprüfen, ob Herr D. seinen Auftrag tatsächlich ausgeführt hatte.Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bereits die ursprünglich Bevollmächtigten des Antragstellers die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wenn sie zum Zeitpunkt des Ablaufs der Klagefrist noch bevollmächtigt waren. Die ursprünglich Bevollmächtigten des Antragstellers waren von diesem am 19. April 2007 bevollmächtigt worden, ihn bezüglich der angekündigten Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis zu vertreten. Die Bevollmächtigung haben sie der Antragsgegnerin unter Vollmachtsvorlage mit Schreiben vom 24. April 2007 angezeigt. Die Antragsgegnerin hatte die ursprünglich Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 25. April 2007 darüber informiert, dass ein Ablehnungsbescheid am ... April 2007 ergangen und zur Post gegeben worden sei. Obwohl der Antragsteller die ursprünglich Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen beauftragt hatte, erfolgte eine Klageerhebung innerhalb der Klagefrist seitens dieser Bevollmächtigten nicht.