LSG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.08.2007 - L 23 B 10/07 AY ER - asyl.net: M11951
https://www.asyl.net/rsdb/M11951
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Einreise, um Sozialhilfe zu erlangen, Einreisemotiv, Leistungskürzung
Normen: AsylbLG § 1a Nr. 1
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde des Antraggegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin, mit dem dieser verpflichtet worden ist, vorläufig Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren, ist begründet.

Der Gewährung der begehrten Leistungen steht die Vorschrift des § 1 a AsylbLG entgegen. Nach dieser Vorschrift erhalten Leistungsberechtigte und ihre Familienangehörigen Leistungen nach dem AsylbLG nur in dem Umfang, der nach den Umständen unabweisbar geboten ist, wenn sie sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erhalten (§ 1 a Nr. 1 AsylbLG). Die Voraussetzungen des § 1 a Nr. 1 AsylbLG sind gegeben, wenn ein finaler Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme der Leistung besteht. Dieser Zusammenhang besteht nicht nur dann, wenn der Wille, die Leistung zu erhalten, der einzige Einreisegrund ist. Beruht die Einreise des Ausländers auf verschiedenen Motiven, so ist das Erfordernis des finalen Zusammenhangs auch erfüllt, wenn der Zweck der Inanspruchnahme von Leistungen für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung gewesen ist. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit auf Leistungen nach dem AsylbLG angewiesen zu sein, für den Einreiseentschluss des Ausländers, sei es allein oder neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam gewesen sein muss. Es genügt dem gegenüber nicht, dass der Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG beiläufig verfolgt oder anderen Einreisezwecken untergeordnet und in diesem Sinne nur billigend in Kauf genommen wird. Die nur in das Wissen des Ausländers gestellten Gründe für seine Einreise muss dieser benennen und widerspruchsfrei sowie substanzreich darlegen, um der Behörde und auch dem Gericht die Möglichkeit zu geben zu prüfen, ob der Tatbestand des § 1 a Nr. 1 AsylbLG erfüllt ist (vgl. BVerwG, vom 04. Juni 1992 - 5 C 22.87 - BVerwGE 90, 212 zu § 120 BSHG; OVG Berlin, Beschluss vom 12. November 1999, FEVS 51, 267).

Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Antragsteller andere prägende Gründe für die Einreise als die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nicht substantiiert dargetan. Sowohl die Gründe für die Einreise wie sie die Antragstellerin zu 1 bei ihrer Anhörung gemäß § 25 Asylverfahrensgesetz am 29. September 2005 gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als auch wie sie die Antragstellerin zu 1 gemeinsam mit ihrem ehemaligen Ehemann am 18. April 2006 gegenüber dem Bezirksamt Neukölln von Berlin angegeben haben, deuten auf eine nahezu ausschließlich mit einer Verbesserung des Lebensstandards verbundene Motivation zur erneuten Einreise in die Bundesrepublik Deutschland. Die Angaben der Antragstellerin im Rahmen des Asylfolgeantrages am 04. Mai 2004 veranlassen zu keiner anderen Bewertung. Sie selbst hat für sich keine eigenen asylrelevanten Gründe für die Einreise vorgetragen und lediglich behauptet, ihr damaliger Ehemann sei einem Einberufungsbefehl nicht gefolgt und befürchte nun als Wehrdienstverweigerer eine Haftstrafe. Diese pauschale Behauptung einer gegen eine andere Person gerichteten Verfolgungsmaßnahme, die im Übrigen erst diverse Jahre nach der erneuten Einreise vorgetragen wird, vermag die ausdrücklichen Äußerungen der Antragstellerin zum Grund der Einreise nicht zu widerlegen. Den Antragstellern ist es nicht gelungen, die nur in ihrWissen gestellten anderen Gründe für die Einreise zu benennen und widerspruchsfrei sowie substanzreich darzulegen, um damit andere prägende Motive als die des § 1 a Nr. 1 AsylbLG hier als gegeben erachten zu können (hier zu den Anforderungen an den Beweis: OVG Berlin, Urteil vom 12. November 1999 a.a.O.).