VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Urteil vom 28.08.2007 - 2 K 2492/05.A - asyl.net: M12068
https://www.asyl.net/rsdb/M12068
Leitsatz:
Schlagwörter: Nigeria, Verfolgung durch Dritte, nichtstaatliche Verfolgung, Odua Peoples Congress, O.P.C., Glaubwürdigkeit
Normen: GG Art. 16a Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Zum materiellen Begehren, nach Art. 16 a GG Schutz vor politischer Verfolgung zu gewähren, gilt, dass der Kläger nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit dargetan hat, dass sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung in Nigeria bedroht ist.

Der Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG.

Die geltend gemachten Übergriffe - wie eine drohende Tötung - wären als Verfolgungsmaßnahmen nichtstaatlicher Akteure im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 4 c) AufenthG zu qualifizieren, wenn nicht der nigerianische Staat immer wieder durch Polizei und militärische Einsätze effektiven Schutz gegen solche Übergriffe gewähren würde. Das Gericht hat aber nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger sein Heimatland Nigeria allein wegen der Einstellung seiner Mitarbeit in einer militanten ethnisch orientierten Organisation wie des Odua Peoples Congress - O.P.C. - verlassen hat.

Im Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungspolitische Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 6. Mai 2006 heißt es über den O.P.C. unter I.9) u.a.:

Um die Kriminalität gerade in den Großstädten einzudämmen, treten ethnisch orientierte Organisationen in Form von "ethnischen Armeen" bzw. Vigilante-Gruppen in der Öffentlichkeit auf, wobei die militante Yoruba-Organisation, die insbesondere im Großraum M. aktiv ist, den Namen O.P.C. führt. Diese Gruppierungen treten als private Sicherheitstruppen auf, bei denen die Einwohner "Sicherheit" gegen Zahlung eines Schutzgeldes "kaufen" können. Zu gewalttätigen Übergriffen kommt es insbesondere bei der Verfolgung von Angehörigen der jeweils anderen ethnischen Gruppen sowie vermeintlicher oder wirklicher Krimineller. Nachdem die Aktivitäten dieser Gruppen in den Jahren 1999 bis 2001 aus dem Ruder zu laufen drohten, wurde scharfe Gesetze erlassen, um gegen die illegalen Aktivitäten diese Gruppierungen vorzugehen. Diese Gesetze wurden auch umgesetzt. Nachdem gerade die beiden Anführer des O.P.C. im Jahr 2001 mehrfach in Haft waren, arbeitete der O.P.C. in der Folge mehr oder weniger verdeckt. Ende des Jahres 2005 kam es an der Spitze des O.P.C. zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern zweier rivalisierender Führer, die als Ergebnis erneut zu zahlreichen Verhaftungen führte. Der Staat ist bis heute immer wieder bereit, gegen diese Gruppen vorzugehen.

Dabei ist schon fraglich, ob der Kläger in der Vergangenheit tatsächlich Mitglied des O.P.C. war.

Hinzu kommt, dass der den Bezug zu den Auseinandersetzungen im O.P.C. herstellende Vortrag des Klägers vor dem Bundesamt sehr allgemein und oberflächlich gehalten und schon deshalb offensichtlich unglaubhaft ist.

Der unverfolgt ausgereiste Kläger muss auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr nach Nigeria aufgrund der Asylantragstellung mit asylerheblichen Maßnahmen rechnen. Die Asylantragstellung ist nach der derzeitigen politischen Lage als solche kein Grund, der seinerseits politische Verfolgung nach sich zieht (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 16. Februar 2004 - 2 K 1416/02.A - und auch AA, Lagebericht vom 29. März 2005, Ziffer IV 2).