OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.09.2007 - 4 A 1233/06.A - asyl.net: M12091
https://www.asyl.net/rsdb/M12091
Leitsatz:
Schlagwörter: Demokratische Republik Kongo, Berufungszulassungsantrag, grundsätzliche Bedeutung, Divergenzrüge, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, allgemeine Gefahr, extreme Gefahrenlage, Minderjährige, alleinstehende Minderjährige, HIV/Aids, Existenzminimum, Situation bei Rückkehr
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1; AufenthG § 60 Abs. 7; AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2
Auszüge:

Der auf § 78 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 AsylVfG gestützte Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Die Beklagte möchte zunächst grundsätzlich geklärt wissen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG), ob in die Demokratische Republik Kongo zurückkehrende Kinder - sei es von Eltern bzw. Verwandten begleitet, sei es unbegleitet - in ihrem Heimatland in eine extreme Gefahrenlage geraten würden.

In dieser allgemeinen Form würde sich die Frage in einem Berufungsverfahren schon nicht stellen. Die Beklagte geht nämlich selbst davon aus, dass die Kläger, die hier in Deutschland zusammen mit dem Bruder bei der Mutter leben, nicht allein oder unbegleitet in die Demokratische Republik Kongo abgeschoben werden. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass bei der Gefahrenprognose im Rahmen des § 60 Abs. 7 AufenthG im Heimatland ein Aufenthalt in Gemeinschaft mit den Angehörigen zu unterstellen ist, wenn der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Familienangehörigen (Ehegatte oder Kinder) in familiärer Gemeinschaft lebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 1993 - 9 C 7.93 -, NVwZ 1994, 504).

Die Frage, ob von ihrer Mutter und Geschwistern begleitete Minderjährige bei einer Rückkehr in ihre Heimat in eine extreme Gefahrenlage geraten würden, ist bereits geklärt, soweit dies fallübergreifend möglich ist. Der Senat hat sie in seinem von der Beklagten angeführten Beschluss vom 9. Februar 2006 - 4 A 1057/05.A -, S. 10, für den Regelfall verneint. Zugleich hat er aber darauf hingewiesen, dass besondere Umstände des Einzelfalles eine andere Bewertung erforderlich machen könnten. Einen solchen Umstand hat das Verwaltungsgericht hier in der HIV-Infektion der Mutter der Kläger gesehen. Ob dies zu Recht geschehen ist, ist für die Frage der Berufungszulassung ohne Belang.

Weiter hält die Beklagte für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob sich allein aus dem Vorliegen einer HIV-Infektion, einer langjährigen Abwesenheit aus Kinshasa und dem Fehlen familiärer Verbindungen im Kongo ergibt, dass für eine heimkehrende Mutter von drei Kindern keine Existenzmöglichkeit in der Demokratischen Republik Kongo besteht.

Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.

Der Senat hat in dem bereits angeführten Beschluss (S. 8 ff.) dargelegt, dass ein langjähriger Auslandsaufenthalt und fehlende familiäre Bindungen in der Demokratischen Republik Kongo noch nicht dazu führen, dass eine extreme Gefahrenlage vorliegt. Eine HIV-Infektion, bei der - nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts - noch nicht geklärt ist, in welchem Stadium sie sich befindet und welche Therapie erforderlich ist, würde im Ergebnis nichts ändern. Dies bedarf nicht erst der Klärung in einem Berufungsverfahren, sondern liegt auf der Hand.