VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.12.2007 - 11 S 2440/07 - asyl.net: M12295
https://www.asyl.net/rsdb/M12295
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), einstweilige Anordnung, Eilbedürftigkeit, Untertauchen, Schutz von Ehe und Familie, Eltern-Kind-Verhältnis, Unionsbürger, Familienangehörige
Normen: VwGO § 123; AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6; FreizügG/EU § 3 Abs. 1
Auszüge:

Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde mangels Nennung einer ladungsfähigen Anschrift des Antragstellers bereits unzulässig ist (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Denn es fehlt an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erforderlichen Anordnungsgrund. Ein Anordnungsgrund ist nicht gegeben, solange ein Ausländer sich - wie hier - der ausländerbehördlichen Kontrolle entzieht. Die Abschiebung, die der Antragsteller mit seinem Rechtsschutzbegehren verhindern will, steht dann nicht (mehr) konkret bevor, so dass es mangels Dringlichkeit der beantragter gerichtlichen Eilentscheidung nicht bedarf. Darin liegt keine unzumutbare Erschwerung der Erlangung effektiven Rechtsschutzes, weil dem Antragsteller die Möglichkeit bleibt, unter Offenbarung seines Aufenthaltsortes erneut um gerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. Die Gerichte sind in diesem Fall gehalten, den weiteren Aufenthalt des Antragstellers bis zu einer Entscheidung in der Sache vorläufig zu sichern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.10.2000 - 2 BvR 1711/00 - NVwZ 2001, Beilage S. 17; Senatsbeschluss vom 11.05.2006 - 11 S 2396/05 -). Solange sich ein Ausländer der ausländerbehördlichen Kontrolle entzieht, kann ein Anordnungsgrund ausnahmsweise nur dann bejaht werden, wenn greifbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Ausländerbehörde beabsichtigt, eine effektive Durchführung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens etwa durch eine vorzeitige Abschiebung zu unterlaufen (vgl. Funke-Kaiser in Bader u.a., 4. Aufl., § 123 Rn. 44).

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass im Hinblick auf die glaubhaft gemachte Vater-Kind-Beziehung die Abschiebung des Antragstellers aus rechtlichen Gründen unmöglich und die Abschiebung deshalb nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszusetzen sein dürfte. Neben einem verfassungsunmittelbaren Abschiebungsverbot aus Art. 6 GG wird in Betracht zu ziehen sein, ob dem Antragsteller ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht zusteht. Der Sohn des Antragstellers dürfte zum einen ein von seiner Mutter abgeleitetes Aufenthaltsrecht nach § 3 Abs. 1 FreizügG/EU haben, zum anderen dürfte er als nicht erwerbstätiger Unionsbürger selbst originär freizügigkeitsberechtigt sein (vgl. § 4 FreizügG/EU). Es spricht bei der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung einiges dafür, dass dem sorgeberechtigten Antragsteller ein von seinem Sohn abgeleitetes, gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht zusteht. Der EuGH hat in einer vergleichbaren Fallkonstellation der das Sorgerecht ausübenden chinesischen Mutter eines irischen Kindes ein Aufenthaltsrecht zuerkannt (Urteil vom 19.10.2004 - Rs. C-200/02 [Zhu und Chen] - Slg. 2004, 1-9925 Rdn. 25 EZAR NF 14 Nr. 1 = InfAuslR 2004, 413).