1. Die Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers, der mit seinen deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, ist mit Rücksicht auf Art. 8 EMRK nur aus schwerwiegenden spezialpräventiven Gründen zulässig. Die Generalprävention scheidet als Ausweisungszweck aus (Im Anschluss an OVG Bremen, Urt. v. 25.05.2004, InfAuslR 2004, 328).
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen nach der strafrechtlichen Verurteilung wegen Rauschgifthandels ein schwerwiegender spezialpräventiver Ausweisungsgrund zu verneinen sein kann.
1. Die Ausweisung eines straffällig gewordenen Ausländers, der mit seinen deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, ist mit Rücksicht auf Art. 8 EMRK nur aus schwerwiegenden spezialpräventiven Gründen zulässig. Die Generalprävention scheidet als Ausweisungszweck aus (Im Anschluss an OVG Bremen, Urt. v. 25.05.2004, InfAuslR 2004, 328).
2. Zu den Voraussetzungen, unter denen nach der strafrechtlichen Verurteilung wegen Rauschgifthandels ein schwerwiegender spezialpräventiver Ausweisungsgrund zu verneinen sein kann.
(Amtliche Leitsätze)
Gegenstand des Verfahrens ist nach der Änderung der angefochtenen Bescheide eine Ausweisungsverfügung, deren Wirkung auf ein Jahr befristet ist. Diese Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Sie ist deshalb aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit von Ausweisung und Befristung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem OVG abzustellen.
Sofern eine Ausweisung in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Familienlebens eingreift, richtet sich ihre Überprüfung nach den Verhältnissen in der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz (ständige Rechtsprechung des EGMR, vgl. zuletzt Urt. v. 28.06.2007, 31753/02 [Kaya], InfAuslR 2005, 325).
2. Nach den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes hat der Kläger die Voraussetzungen einer Regelausweisung erfüllt.
3. Die gesetzliche Vermutung des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG für einen schwerwiegenden Ausweisungsgrund enthält keine Automatik. Sie erfordert im jeweiligen Einzelfall eine individuelle Prüfung, ob nicht Besonderheiten vorliegen, die den an sich schwerwiegenden Ausweisungsanlass nach § 53 AufenthG als weniger gewichtig erscheinen lassen (BVerwG, Urt. v. 31.08.2004 - 1 C 25/03 – InfAuslR 2005, 49 zu § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG). Im Hinblick auf den Ausweisungszweck der Spezialprävention müssen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen des Ausländers ernsthaft droht und damit von ihm eine bedeutsame Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgeht (BVerwG, Urt. v. 31.08.2004, a. a. O.; Urt. v. 11.06.1996 – 1 C 24.94 – BVerwGE 110, 247). Eine Ausweisung aus Gründen der Generalprävention ist bei Ausländern, die einen besonderen Ausweisungsschutz genießen, nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Straftat besonders schwerwiegt und deshalb ein dringendes Bedürfnis dafür besteht, über eine etwaige strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von Straftaten ähnlicher Art und Schwere abzuhalten (BVerwG, Urt. v. 31.08.2004 u. 11.06.1996, jeweils a. a. O.).
Im vorliegenden Fall führt Art. 8 EMRK dazu, dass von diesen beiden Ausweisungszwecken nur der spezialpräventive in Betracht kommt, generalpräventive Gründe also ausscheiden. Der EGMR verlangt im Falle einer Ausweisung, die in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreift, eine umfassende Abwägung, in die auch die Belange des Ehegatten und etwaiger Kinder gebührend eingestellt werden. Sind die Belange des Ehegatten und der Kinder schutzwürdig und ist ihnen eine Begleitung in das Herkunftsland des Ausgewiesenen nicht zumutbar, ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn hinreichend gewichtige spezialpräventive Gründe vorliegen. Der EGMR hat in diesem Zusammenhang darauf abgestellt, ob die Straftat Anlass zu der Befürchtung gibt, der Betreffende "könne eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dastelllen, indem er weitere Taten begeht" (EGMR, Urt. v. 02.08.2001, 54273/00 [Boultif], InfAuslR 2001, 476;Urt. v. 31.10.2002, 37295/97 [Yildiz], InfAuslR 2003, 126; Urt. v. 15.07.2003, 52 206/99 [Mokrani], InfAuslR 2004, 183; Urt. v. 05.07.2005, 46 410/99 [Üner], InfAuslR 2005, 450; Urt. v. 31.01.2006, 50 252/99 [Sezen], InfAuslR 2006, 255). Ein Rückgriff auf generalpräventive Überlegungen ist in diesem Fall grundsätzlich nicht erlaubt (OVG Bremen, Urt. v. 25..05.2004 – 1 A 303/03 – InfAuslR 2004, 328).
Im vorliegenden Fall sind die Belange der Ehefrau des Klägers sowie seiner Kinder schutzwürdig. Die Familienangehörigen besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit, die älteste Tochter ist hier inzwischen eingeschult. Die Schwierigkeiten, mit denen sie im Heimatstaat des Klägers konfrontiert wären, sind ihnen nicht zumutbar.
4. Im Falle des Klägers kann nicht angenommen werden, dass in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue strafrechtliche Verfehlungen ernsthaft droht.
Dabei verkennt das Oberverwaltungsgericht nicht, dass gerade bei Rauschgiftdelikten bereits bei erstmaliger Delinquenz im Hinblick auf den spezialpräventiven Ausweisungszweck ein schwerwiegender Ausweisungsgrund gegeben sein kann. Angesichts der mit einem solchen Verhalten regelmäßig verbundenen erheblichen kriminellen Energie ist es in diesen Fällen von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die ernsthafte Wiederholungsgefahr bereits bei einer erstmaligen Bestrafung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angenommen wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse v. 25.09.1986 – 2 BvR 744/86 – NVwZ 1987, 403 und v. 01.03.2000 – 2 BvR 2120/99 – InfAuslR 2001, 113). Beim Rauschgifthandel handelt es sich um ein Kriminalitätsgeschehen, dass durch internationale Vernetzung und kaum aufzuhellende, grenzüberschreitende Organisationsstrukturen gekennzeichnet ist. Nur selten kann im vollen Umfang nachgewiesen werden, in welcher Weise der einzelne Straftäter in das Kriminalitätsgeschehen eingebunden ist. Ist ein Ausländer in erheblichem Umfang in den Rauschgifthandel verwickelt, wird man die ernsthafte Wiederholungsgefahr deshalb nur verneinen, wenn hierfür aufgrund der Tat selbst, des nachfolgenden Verhaltens oder der übrigen Lebensumstände des Ausländers verlässliche Anhaltspunkte gegeben sind (vgl. OVG Bremen, B. v. 16.01.1995 – 1 B 147/94).
Im Falle des Klägers liegen solche verlässlichen Anhaltspunkte vor. Der Kläger hat zwar in der Vergangenheit in erheblichem Umfang gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen.
Andererseits hat sich beim Kläger zur Überzeugung des Gerichts inzwischen ein nachhaltiger Einstellungswandel vollzogen.