VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 05.12.2007 - AN 9 K 06.30309 - asyl.net: M12446
https://www.asyl.net/rsdb/M12446
Leitsatz:
Schlagwörter: Irak, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Krankheit, Nierenerkrankung, medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Mitgabe von Medikamenten
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der Bescheid des Bundesamtes vom 24. März 2006 ist, soweit er durch den Kläger angefochten wurde, rechtswidrig, weil der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Iraks hat.

Aufgrund der im Verlauf des Verfahrens vorgelegten, schlüssigen und nachvollziehbaren medizinischen Atteste und Stellungnahmen, insbesondere der der Internistischen Praxisgemeinschaft vom 19. Oktober 2007 steht fest, dass der Kläger unter einer Erberkrankung der Nieren leidet, bei der sich im Laufe der Zeit immer mehr Zysten bilden werden. Dies führt zu einem Untergang von Nierengewebe und zunehmender Funktionseinschränkung der Nieren bis zum Eintritt der Dialysepflicht. Zusätzlich besteht ein behandlungsbedürftiger Blutdruck und eine Neigung zu immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten, die jeweils eine Antibiotika-Therapie erforderlich machen.

Dieses Krankheitsbild ist nach der Überzeugung des Gerichts derzeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Irak nicht behandelbar, so dass eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers bei einer Rückführung in den Irak zu erwarten ist. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19. Oktober 2007 ist das Gesundheitssystem des Iraks weitgehend zusammengebrochen und die medizinische Grundversorgung im Irak nicht sicher gestellt. Die hierfür besonders wichtigen "Primary Health Centers" sind fast ausnahmslos wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängeln nicht funktionsfähig. Dies liegt am Geldmangel und am Zusammenbruch der allgemeinen Infrastruktur.

Grundsätzlich sind in den Bagdader Apotheken zwar viele Medikamente erhältlich, sie sind aber nicht für alle erschwinglich, was die Lage gerade für chronisch Kranke, wie dem Kläger, verschlimmert. Aus der Zusammenschau der Lageberichterstattung des Auswärtigen Amtes lässt sich auch keine Tendenz zur Besserung der medizinischen Versorgungssituation erkennen. Eine solche Perspektive zur Besserung der medizinischen Versorgungslage wäre jedoch erforderlich, damit die vom Bundesamt vorgeschlagene "Überbrückungshilfe" (durch Mitgabe von Medikamenten) überhaupt relevant wirken könnte. Dafür ist jedoch derzeit nichts ersichtlich. Darüber hinaus würde es an der mangelnden ärztlichen Versorgung des Klägers nichts ändern.