OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20.11.2007 - 11 ME 132/07 - asyl.net: M12544
https://www.asyl.net/rsdb/M12544
Leitsatz:

Bei einem 60-jährigen Ausländer ist davon auszugehen, dass sich die erforderlichen Deutschkenntnisse nach § 104 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG aus Altersgründen nicht erwerben lassen (§ 104 a Abs. 1 S. 5 AufenthG).

 

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, außergewöhnliche Härte, Down-Syndrom, Krankheit, Beistandsgemeinschaft, volljährige Kinder, Eltern, deutsche Kinder, Altfallregelung, Sprachkenntnisse, Alter
Normen: AufenthG § 25 Abs. 4 S. 2; AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AufenthG § 104a Abs. 1 S. 5; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Bei einem 60-jährigen Ausländer ist davon auszugehen, dass sich die erforderlichen Deutschkenntnisse nach § 104 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AufenthG aus Altersgründen nicht erwerben lassen (§ 104 a Abs. 1 S. 5 AufenthG).

(Leitsatz der Redaktion)

 

2) Soweit die Antragsteller zu 1), 2) und 4) vorläufigen Rechtsschutz gegen die Versagung der Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse begehren, hat die Beschwerde Erfolg.

a) Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles das Verlassen des Bundesgebietes für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Nach derzeitigem Kenntnisstand spricht Überwiegendes für das Vorliegen einer derartigen außergewöhnlichen Härte.

Maßgeblich für den vorliegenden Fall ist vielmehr, dass die Antragsteller zu 1) und 2) zwischenzeitlich 60 Jahre alt sind, ein großer Teil ihrer Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und sich im Bundesgebiet aufhält und der Antragsteller zu 4), mit dem die Antragsteller zu 1) und 2) in ... zurückkehren müssten, am Down-Syndrom erkrankt ist und steter Betreuung bedarf. Diese kontinuierliche Betreuung kann im Bundesgebiet durch die Antragsteller zu 1) und 2), den Antragsteller zu 3) und die weiteren im Bundesgebiet lebenden Kinder/Geschwister ermöglicht werden. Bei Rückkehr ... wären die Antragsteller zu 1) und 2) als Eltern aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters aller Voraussicht nach mit der Betreuung des Antragstellers zu 4) überfordert. Die Antragsteller befinden sich damit in einer individuellen Sondersituation, aufgrund derer sie die Aufenthaltsbeendigung nach Art und Schwere wesentlich härter treffen würde als andere Ausländer (vgl. Hailbronner, AuslR, Stand: Oktober 2007, § 25 AufenthG Rdn. 82). Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG steht ihnen daher aller Voraussicht nach zu.

b) Darüber hinaus dürfte auch die Altfallregelung des § 104 a AufenthG auf die Antragsteller anzuwenden sein. Die Antragsteller zu 1) und 2) leben mit zwei minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft und halten sich seit sechs Jahren ununterbrochen mit einem Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen im Bundesgebiet auf. Allerdings verfügen die Antragsteller zu 1) und 2) trotz ihres langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht über die von § 104 a Satz 1 Nr. 2 AufenthG geforderten Deutschkenntnisse. Nach § 104 a Abs. 1 Satz 5 AufenthG wird jedoch von den Deutschkenntnissen abgesehen, wenn der Ausländer diese Anforderung aus Altersgründen nicht erfüllen kann. Davon ist bei den zwischenzeitlich sechzigjährigen Antragstellern zu 1) und 2) auszugehen.