VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.02.2008 - 11 S 213/08 - asyl.net: M12584
https://www.asyl.net/rsdb/M12584
Leitsatz:

1. Eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002 Satz 1 RVG-VV fällt bei einer besonderen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten an, die über das Fertigen von Schriftsätzen hinausgeht (im Anschluss an VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.02.1993 - 1 S 280/93 -, NVwZ-RR 1993, 448).

2. Wurde ein Prozessbevollmächtigter schon vor Inkrafttreten des Rechtsanwaltvergütungsgesetzes im Verwaltungsverfahren beauftragt und erhebt er erst nach Inkrafttreten des Rechtsanwaltvergütungsgesetzes Klage, richtet sich die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach § 61 RVG i.V.m. § 118 BRAGO und nicht nach der Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV.

 

Schlagwörter: D (A), Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwaltsgebühren, Erledigungsgebühr, Ausweisung, Geschäftsgebühr, Anrechnung, Übergangsregelung, Altfälle
Normen: RVG § 61 Abs. 1; BRAGO § 118
Auszüge:

1. Eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002 Satz 1 RVG-VV fällt bei einer besonderen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten an, die über das Fertigen von Schriftsätzen hinausgeht (im Anschluss an VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.02.1993 - 1 S 280/93 -, NVwZ-RR 1993, 448).

2. Wurde ein Prozessbevollmächtigter schon vor Inkrafttreten des Rechtsanwaltvergütungsgesetzes im Verwaltungsverfahren beauftragt und erhebt er erst nach Inkrafttreten des Rechtsanwaltvergütungsgesetzes Klage, richtet sich die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach § 61 RVG i.V.m. § 118 BRAGO und nicht nach der Regelung in Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV.

(Amtliche Leitsätze)

 

Zutreffend wurde eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1002 i.V.m. Nr. 1003 RVG-VV mit einem Gebührensatz von 1,0 festgesetzt. Denn die Rechtssache hat sich im vorliegenden Fall im Sinne der Nr. 1002 Satz 1 RVG-VV durch die anwaltliche Mitwirkung des Klägervertreters erledigt. Für die Kausalität Verlaufsbericht - Bescheidaufhebung spricht daher jedenfalls eine hinreichende Vermutung (vgl. hierzu Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., 1002 RVG-VV, Rn. 11). Somit liegt insbesondere aufgrund der Einholung des Verlaufsberichtes eine wesentliche, über das Fertigen von Schriftsätzen hinausgehende, besondere Tätigkeit des Klägervertreters vor, die die Ansetzung einer Erledigungsgebühr rechtfertigt (vgl. zu § 24 BRAGO: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.02.1993 - 1 S 280/93 -, juris).

Zutreffend wurde auch eine ungeschmälerte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 RVG-VV festgesetzt. Denn die Geschäftsgebühr ist nicht anteilig anzurechnen. Grund hierfür ist allerdings nicht, wie das Verwaltungsgericht (unter Berufung auf VG Freiburg, Beschluss vom 21.03.2007 - 2 K 1377/06 -, juris; a. A. Bay. VGH, Beschluss vom 03.11.2005 - 10 C 05.1131 - JurBüro 2006, 77) angenommen hat, dass eine Anwendung der Anrechnungsvorschrift in Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf diejenige Fälle beschränkt sein könnte, in denen ein Vorverfahren nach den §§ 68 ff. VwGO stattgefunden hat und deshalb § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO anzuwenden ist. Grund hierfür ist vielmehr die vorliegende besondere Übergangssituation: Der Auftrag des Klägers an seine damalige Rechtsanwältin zur Vertretung im Rahmen des Ausweisungsverwaltungsverfahrens wurde vor dem Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes am 01.07.2004 erteilt (vgl. Stellungnahme der Rechtsanwältin vom 11.06.2004 zum behördlichen Anhörungsschreiben vom 27.01.2004). Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist deshalb insoweit noch § 118 BRAGO mit dessen besonderer Anrechnungsregel anzuwenden.