LG Kleve

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Zitieren als:
LG Kleve, Beschluss vom 23.01.2008 - 4 T 12/08 - asyl.net: M12653
https://www.asyl.net/rsdb/M12653
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Verfahrensrecht, Verfahrensmangel, sofortige Beschwerde, Zwei-Wochen-Frist, Bekanntmachung, Beschluss, Amtsgericht, Zustellung, Bekanntmachung zu Protokoll, Heilung
Normen: AufenthG § 106 Abs. 2; FEVG § 7; FEVG § 3; FGG § 22; FGG § 16 Abs. 2; FGG § 16 Abs. 3; AufenthG § 62 Abs. 2
Auszüge:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 7 FEVG zulässig. Allerdings liegt zwischen der Aushändigung des angefochtenen Beschlusses vom 22. November 2007 und der Einlegung der Beschwerde mit Schriftsatz vom 3. Januar 2008 ein Zeitraum von mehr als zwei Wochen. Gleichwohl ist die sofortige Beschwerde, die gemäß § 3 FEVG i. V. m. § 22 FGG binnen einer Frist von 2 Wochen ab Bekanntmachung der Entscheidung gegenüber dem Beschwerdeführer einzulegen ist, nicht bereits wegen Versäumung dieser Beschwerdefrist verfristet. Denn es fehlt trotz Aushändigung des Beschlusses an seiner wirksamen Bekanntmachung. Gemäß § 16 Abs. 2 FGG hat die Bekanntmachung, wenn mit ihr der Lauf einer Frist beginnt, durch Zustellung nach den für die Zustellung von Amts wegen geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung (§ 16 Abs. 2 Satz 1 FGG) zu erfolgen. Nach Abs. 3 der Vorschrift kann einem Anwesenden die gerichtliche Verfügung auch zu Protokoll bekanntgemacht werden. Hier fehlt es an einer förmlichen Zustellung. Denn die Aushändigung des Schriftstücks am 22. November 2007 erfolgte nicht zum Zwecke der Zustellung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 FGG i. V. m. § 173 ZPO, weil diese entsprechend auf dem Schriftstück und in den Akten zu vermerken gewesen wäre. Ersichtlich hat das Amtsgericht vielmehr eine Bekanntmachung zu Protokoll vornehmen wollen. Der Beschluss wurde dem Betroffenen nämlich vollständig übersetzt und die anschließende Aushändigung einer Ausfertigung des Beschlusses erfolgte erkennbar im Hinblick auf die Regelung in § 16 Abs. 3 Satz 2 FGG, wonach dem Betroffenen auf Verlangen eine Abschrift zu erteilen ist. Es liegt insoweit jedoch tatsächlich keine wirksame Bekanntgabe des Beschlusses gegenüber dem Betroffenen zu Protokoll im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 FGG vor. Denn die Bekanntgabe wurde nicht in das Protokoll über die vorausgegangene Anhörung des Betroffenen aufgenommen, sondern lediglich nach Abfassung des schriftlichen Beschlusses im Rahmen der richterlichen Verfügung vom 22. November 2007 unter Ziffer 1. vermerkt. Somit handelt es sich nur um einen Aktenvermerk und nicht um eine Aufnahme ins Protokoll. Auf letztere kann aber nicht verzichtet werden, da die Vorschriften über die förmliche Zustellung aus Gründen der Rechtssicherheit eng auszulegen sind. Derselbe Gesichtspunkt steht auch der Anwendung des § 189 ZPO entgegen, wonach der tatsächliche Zugang die formgerechte Zustellung ersetzen kann. Für die direkte Anwendung der Vorschrift fehlt es bereits daran, dass die Aushändigung des Beschlusses vom 22. November 2007 – wie ausgeführt – nicht zum Zwecke der Zustellung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung erfolgen sollte (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Auflage, § 189 Rdn. 2 m.w.N.). Ihrem Rechtsgedanken nach greift die Vorschrift nicht, weil ansonsten die Regelung zu den Förmlichkeiten des § 16 Abs. 3 FFG gegenstandslos wäre.

Die Beschwerde ist jedoch in der Sache unbegründet. Das Amtsgericht hat die Abschiebungshaft (Sicherungshaft) gemäß § 62 Abs. 2 AufenthG zu Recht angeordnet.

Der Mangel der förmlichen Bekanntmachung der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts wird durch die Zustellung des vorliegenden Beschlusses geheilt, denn in der Zustellung des eine sofortige Beschwerde zurückweisenden Beschlusses liegt eine nachträgliche wirksame Bekanntmachung der angefochtenen Entscheidung (BayObLG, NJW-RR 1997, 419 sowie Keidel-Kuntze-Winkler, Kommentar zum FGG, 15. Auflage 2003, § 16 Rdnr. 66).