OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2008 - 12 S 6.08 - asyl.net: M12660
https://www.asyl.net/rsdb/M12660
Leitsatz:

Der Ausschluss von Ausländern, die mit einem Familienmitglied in häuslicher Gemeinschaft leben, das Straftaten begangen hat, von der Altfallregelung gem. § 104 a Abs. 3 AufenthG ist verfassungsgemäß.

 

Schlagwörter: D (A), Altfallregelung, Straftaten, Familienangehörige, Verfassungsmäßigkeit, Schutz von Ehe und Familie, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 104a Abs. 3; GG Art. 6 Abs. 1; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Der Ausschluss von Ausländern, die mit einem Familienmitglied in häuslicher Gemeinschaft leben, das Straftaten begangen hat, von der Altfallregelung gem. § 104 a Abs. 3 AufenthG ist verfassungsgemäß.

(Leitsatz der Redaktion)

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zu den Gründen, aus denen das Verwaltungsgericht den auf § 80 Abs. 5 VwGO gestützten Antrag als unzulässig angesehen hat, verhält sich die Beschwerde nicht. Die Antragsteller wenden sich lediglich gegen die Ablehnung des – vom Verwaltungsgericht im Wege der Umdeutung als beantragt erachteten – Erlasses einer einstweiligen Anordnung. In diesem Rahmen hat das Verwaltungsgericht die Ansicht vertreten, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a AufenthG lägen nicht vor, da sich die Antragsteller die Straffälligkeit des mit ihnen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Partners der Antragstellerin zu 1. und Vaters der Antragsteller zu 2. und 3. entgegenhalten lassen müssten (§ 104 a Abs. 3 AufenthG). Soweit die Antragsteller diese Regelung als "Kollektivhaftung" für verfassungswidrig halten, verhilft dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Mit der nunmehr direkt in das Aufenthaltsgesetz übernommenen Altfall- oder Bleiberechtsregelung wird dem Bedürfnis der seit Jahren im Bundesgebiet geduldeten und hier integrierten Ausländer nach einer dauerhaften Perspektive in Deutschland Rechnung getragen. Es handelt sich um eine dem betroffenen Personenkreis – unabhängig von den sonstigen im Gesetz geregelten Aufenthaltszwecken – aus humanitären Gründen eingeräumte Vergünstigung, bei deren Ausgestaltung dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Es steht ihm frei, die Bleiberechtsregelung nur denjenigen zu Gute kommen zu lassen, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. Bundestags-Drucksache 16/5065, S. 202). Ebenso liegt es in seinem gesetzgeberischen Ermessen, die Begünstigung nur auf den gesamten Familienverband oder ggf. auch auf einzelne Mitglieder zu erstrecken. Für minderjährige Kinder, deren Eltern straffällig geworden sind, entspricht dies dem Grundsatz, dass das minderjährige Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilt (vgl. Bundestags-Drucksache 16/5065, a.a.O.), der auch die sonstigen für das Aufenthaltsrecht von Kindern einschlägigen Vorschriften prägt. Im Übrigen enthalten §§ 104 a Abs. 3 Satz 2, 104 b AufenthG Ausnahmeregelungen für Ehegatten und Kinder, die am 1. Juli 2007 das 14. Lebensjahr vollendet haben. Die Regelung begegnet danach bei summarischer Prüfung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, und zwar auch nicht mit Blick auf Art. 6 GG, da die Antragsteller wie auch ihr Vater bzw. Lebenspartner ausländische Staatsangehörige und vollziehbar ausreisepflichtig sind, sodass eine Trennung der Familie selbst bei einer erzwungenen Rückkehr in den Kosovo nicht bevorsteht (vgl. zu einer landesrechtlichen Altfallregelung auch Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Februar 2006, NordÖR 2006, 320).