VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 17.01.2008 - 19 CS 07.2987 - asyl.net: M12662
https://www.asyl.net/rsdb/M12662
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Rücknahme, Aufenthaltserlaubnis, Ermessen, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt, Sofortvollzug, Begründung, Generalprävention
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; VwGO § 80 Abs. 3; VwVfG § 48 Abs. 1
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1. Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung hat das Gericht die Interessen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie betroffene Interessen der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen. Dabei kommt den Erfolgsaussichten der Hauptsache, soweit sie im Rahmen der hier nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung festgestellt werden können, besondere Bedeutung zu (vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 15. Aufl. 2007, § 80 RdNr. 152). Hiervon ist erkennbar auch das Verwaltungsgericht Ansbach ausgegangen.

2. Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend festgestellt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung der rückwirkenden Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis keine formellen Fehler (§ 80 Abs. 3 VwGO) aufweist. Die Anordnung des Sofortvollzuges darf mit der generalpräventiven Erwägung begründet werden, anderen Ausländern müsse vor Augen geführt werden, dass durch falsche Angaben erschlichene Aufenthaltsrechte mittels sofort vollziehbarer Maßnahmen zurückgenommen werden. Ein solches Abstellen auf Gründe der Generalprävention führt nicht dazu, dass der Betroffene als Exempel für andere missbraucht oder gar zum bloßen Objekt staatlichen Handeln herabgewürdigt wird. Für die Ausweisung ist dies allgemein anerkannt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2001, InfAuslR 2002, 13; BayVGH, Beschluss vom 17. November 2000 - 24 ZS 00.3111). Für die Rücknahme der Aufenthaltsgenehmigung kann nichts anderes gelten, da sie gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG zu den selben Rechtswirkungen, nämlich zum Erlöschen des Aufenthaltstitels, führt.

Da die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage gegen die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die Rücknahme der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ist offensichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Will die Behörde eine rechtswidrige unbefristete Aufenthaltserlaubnis zurücknehmen, hat sie bei der Ausübung des Rücknahmeermessens die für und die gegen die Maßnahme sprechenden Gesichtspunkte in den Blick zu nehmen und gegeneinander abzuwägen. Sie muss dabei auch die in § 55 Abs. 3 AufenthG aufgeführten Gesichtspunkte, die Grundrechte und die rechtsstaatlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes berücksichtigen. Denn eine Rücknahme einer Aufenthaltsgenehmigung hat, wie eine Ausweisung, für den Ausländer das Entstehen der Ausreisepflicht zur Folge (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2001, InfAuslR 2002, 234 <238> m.w.N.). Die Behörde muss bei ihrer Ermessensentscheidung die öffentlichen Interessen an der Ausreise eines Ausländers einerseits und dessen private Belange andererseits abwägen und dabei die wesentlichen Umstände des Einzelfalls einschließlich der (schützenswerten) Interessen des Ausländers an einem weiteren Aufenthalt berücksichtigen (vgl. BVerwGE 102, 63).