VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 11.12.2007 - 5 K 3295/02.A - asyl.net: M12717
https://www.asyl.net/rsdb/M12717
Leitsatz:
Schlagwörter: Iran, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Peykar, Unterstützung, verbotene Bücher, Besitz, Verbreitung, Oppositionelle, Doppelbestrafung, Straftat, exilpolitische Betätigung, Situation bei Rückkehr
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Entscheidung des Bundesamtes, die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter und die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes in der Person des Klägers in dem Bescheid vom 27. Juli 1993 zu widerrufen, ist rechtmäßig.

Das Gericht geht auf der Grundlage des Bescheides vom 27. Juli 1993 und des Aktenvermerks des Bundesamtes vom 7. Dezember 2000 davon aus, dass der Kläger wegen seiner Aktivitäten für die Organisation Peykar und wegen der Verteilung verbotener Bücher und der damit im Zusammenhang stehenden Verhaftung als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

Soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter in dem Bescheid des Bundesamtes vom 27. Juli 1993 damit begründet worden ist, dass sich der Kläger für die Ziele der Organisation Peykar eingesetzt habe, ohne Mitglied dieser Organisation zu sein, droht dem Kläger bei einer Rückkehr in die Islamische Republik Iran keine politische Verfolgung. Dies folgt aus Nr. 2 a der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. März 2007. Darin hat das Auswärtige Amt ausgeführt, dass die Organisation Peykar allenfalls als isolierte Gruppe angesehen werden könne, der in der Islamischen Republik Iran keine Beachtung mehr geschenkt werde.

Soweit die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter darauf gestützt worden ist, dass der Kläger als Inhaber eines Buchladens verbotene Materialien verteilt habe, droht ihm ebenfalls keine politische Verfolgung mehr. Aus der vorgenannten Auskunft des Auswärtigen Amtes ergibt sich, dass der Besitz verbotener Materialien mittlerweile zum Alltag der Einwohner des Iran gehöre; eine strafrechtliche Verfolgung ist nach Auffassung des Auswärtigen Amtes erst dann wahrscheinlich, wenn zu diesem Tatbestand noch weitere strafrechtliche relevante Tatsachen hinzutreten. Dies trifft bei dem Kläger nicht zu, denn ihm ist im Zusammenhang mit der Verteilung verbotener Bücher keine Straftat vorgeworfen worden.

Eine erneute Bestrafung wegen der vom Amtsgericht Münster durch Urteil vom 22. Mai 1997 und vom Landgericht Münster durch Urteil vom 26. Januar 1998 abgeurteilten Sachverhalte hat der Kläger nicht zu befürchten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls aus der in diesem Verfahren eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes. Zwar heißt es in Nr. 3 dieser Auskunft, dass es grundsätzlich zulässig sei, einen Iraner, der im Ausland eine auch im Iran strafbare Handlung begangen habe und dort verurteilt worden sei, nach Rückkehr in den Iran einem erneuten Strafverfahren zu unterziehen. Dem Auswärtigen Amt sind jedoch keine konkreten Fälle der Doppelbestrafung bekannt.