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Zitieren als:
, Bescheid vom 19.03.2008 - 5298270-423 - asyl.net: M12906
https://www.asyl.net/rsdb/M12906
Leitsatz:
Schlagwörter: Afghanistan, Abschiebungshindernis, zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Christen, Konversion, Apostasie, religiös motivierte Verfolgung, religiöses Existenzminimum, Todesstrafe
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5
Auszüge:

Dem Antrag wird insofern entsprochen, als festgestellt wird, dass die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG bezüglich Afghanistan vorliegen.

Der Antragsteller hat glaubhaft dargelegt und dokumentiert, dass er sich zunächst über einen längeren Zeitraum mit dem Christentum, u.a. durch Teilnahme an mehreren Glaubensgrundkursen im Rahmen der Gemeinde ... auseinandergesetzt und mehr und mehr zugewendet hat. Diese Zuwendung des Antragstellers zum christlichen Glauben hat schließlich ihren Ausdruck in seiner Taufe am 11.03.2007 gefunden.

Ausweislich der Rechtsprechung (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 26.07.2007 - 8 UE 3140/05.A; VG München, Urteil vom 24.04.2007 - M 23 K 06.5992; VG Frankfurt, Urteil vom 11.09.2007 - 3 E 328106.A) ist es einem Konvertiten im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in keiner Stadt und keinem Landesteil möglich, seinen christlichen Glauben in einer das religiöse Existenzminimum wahrenden Weise auszuüben, zumal bei Bekanntwerden der Konversion das Sharia-Recht zur Anwendung kommt und somit Konvertiten die Todesstrafe droht.

Demgemäß ist vorliegend der Antragsteller bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund seines Abfalls vom Islam sowohl an der Ausübung seines Glaubens gehindert, als auch der Gefahr ausgesetzt, als Abtrünniger auf das Schwerste bestraft zu werden, zumal seine Konversion zumindest seinem Onkel bekannt geworden ist. Somit liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG vor.

Die Zuerkennung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 5 AufenthG macht eine weitergehende Prüfung zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG entbehrlich. Bei Anträgen auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 5 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen, nicht teilbaren asylrechtlichen Anspruch mit zwar unterschiedlichen rechtlichen Anspruchsgrundlagen, jedoch gleichrangigen und gleichartigen Rechtsfolgen. Da in dem auf Konzentration und Beschleunigung ausgerichteten Asylverfahren Doppel-, Mehrfach- und Parallelprüfungen vermieden werden sollen, wenn sie letztlich zu keinem weiter reichenden Schutz führen, kann die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 5 AufenthG nicht kumulativ begehrt werden (BVerwG, Urteil vom 20.02.2001, BVerwGE 114, 27).