OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.03.2008 - 13 A 2643/07.A - asyl.net: M12921
https://www.asyl.net/rsdb/M12921
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Berufungszulassungsantrag, Verfahrensmangel, rechtliches Gehör, Sachverständige, Gutachten, Hilfspersonen, Verwertbarkeit, fachärztliche Stellungnahme
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2; AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 3; ZPO § 407a Abs. 2 S. 2
Auszüge:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist ferner nicht wegen Verfahrensmängel zuzulassen (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 VwGO).

Entgegen der Auffassung des Klägers folgt ein allenfalls in Betracht kommender Gehörsverstoß (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) nicht aus einer offensichtlich fehlenden Verwertbarkeit des Gutachtens des Prof. Dr. G. vom 29. Dezember 2006. Eine fehlende Verwertbarkeit ergibt sich nicht bereits aus dem vom Kläger behaupteten Verstoß gegen § 407 a Abs. 2 Satz 2 ZPO. Danach ist ein Sachverständiger verpflichtet, die Mitarbeit und den Umfang der Tätigkeit eines von ihm herangezogenen Mitarbeiters kenntlich zu machen, soweit es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt. Ein möglicher Verstoß gegen diese Verpflichtung begründet für sich gesehen keine inhaltliche Mangelhaftigkeit des Gutachtens und führt deshalb auch nicht ohne Weiteres zu seiner Unverwertbarkeit. Eine Unverwertbarkeit ist ausgehend von dem verständig gewürdigten Vorbringen des Klägers ferner nicht deshalb anzunehmen, weil der vom Verwaltungsgericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. G. sich bei der Gutachtenerstellung der Hilfe Dritter, hier insbesondere derjenigen des Diplom-Psychologen S. bedient hat. Eine unterstützende Einbeziehung von Hilfspersonen ist grundsätzlich, auch soweit wichtige Aufgaben übertragen werden, nicht zu beanstanden, sofern genügend erkennbar bleibt, dass der Sachverständige die volle Verantwortung für das Gutachten übernimmt und dazu nach seinem eigenen Kenntnisstand auch in der Lage ist. Innerhalb dieser Grenzen steht es im Ermessen des Sachverständigen, in welcher Form er sich die für die Begutachtung erforderlichen Kenntnisse verschafft (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. März 1984 - 8 C 97.83 -, NJW 1984, 2645 und vom 28. Februar 1992 - 8 C 48.90 -, NVwZ 1993, 771).

Dass diesen Anforderungen nicht genügt wird, ist nicht ersichtlich. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige hat mit seiner Unterschrift die vollständige Verantwortung für das Gutachten vom 29. Dezember 2006 übernommen. Die dem Senat aus anderen Verfahren bekannte und vom Sachverständigen im Einzelnen dargelegte Begutachtungspraxis (Schreiben des Prof. Dr. G. vom 10. Oktober 2006 im Verfahren13 A 447/06.A) bietet überdies keinen Anlass zu der Annahme, dass der Sachverständige hierzu tatsächlich nicht in der Lage war. Der Umstand, dass der Sachverständige Hilfspersonen einsetzt, die unter seiner Leitung und Überwachung die Gutachten erarbeiten und anfertigen, war, wie die Ausführungen im Urteil zeigen, sowohl dem Verwaltungsgericht als auch dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannt. Ob der Kläger sein Rügerecht verloren hat, weil er gleichwohl keine Veranlassung gesehen hat, den Sachverständigen entsprechend § 406 ZPO abzulehnen, kann dahinstehen.

Angesichts der dem Senat bekannten Begutachtungspraxis des Sachverständigen ist ferner nicht ersichtlich und dies wurde auch vom Kläger in tatsächlicher Hinsicht nicht dargelegt, dass der Sachverständige die Grenze der erlaubten Mitarbeit Dritter dadurch überschritten hat, dass er seine zentralen, das Gutachten prägenden und regelmäßig in einem unverzichtbaren Kern von ihm selbst zu erbringenden Aufgaben nicht selbst wahrgenommen hat. Dem bloßen Hinweis des Klägers, das eingeholte Gutachten lasse nicht erkennen, welcher Gutachter das diagnostische Gespräch geführt habe, lässt sich ein Verstoß gegen diese Verpflichtungen schon deshalb nicht entnehmen, weil damit in tatsächlicher Hinsicht eine verantwortliche Beteiligung des Sachverständigen im Rahmen des diagnostischen Gesprächs, in welcher Form auch immer, nicht in Abrede gestellt wird. Letztlich ist, jedenfalls was den vorliegenden Fall betrifft, auch nicht erkennbar, warum das diagnostische Gespräch vom Sachverständigen selbst hätte geführt werden müssen. Dem Fehlen eines unmittelbaren Eindrucks des Sachverständigen von Gestik und Mimik des Klägers kommt angesichts der aufgezeigten eklatanten, nicht mit traumabedingten Gedächtnisbeeinträchtigungen zu erklärenden Unstimmigkeiten, Widersprüche und Steigerungen im Vorbringen des Klägers (vgl. Seite 94 des Gutachtens) keine maßgebende Bedeutung zu. Sie lassen sich auch in keiner Weise mit der Person des Gesprächspartners des Klägers und dessen Gesprächsführung erklären. Angesichts der vom Senat vom Gutachter geforderten Auseinandersetzung mit dem bisherigen Vorbringen des Klägers, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2004 - 13 A 1250/04. A -, ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass dem Kläger im Gespräch Widersprüche und Vorhalte aufgezeigt wurden, zumal dies dem Kläger Gelegenheit bot, diese in nachvollziehbarer Weise aufzulösen.