VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 27.02.2008 - 19 CS 08.216 - asyl.net: M12927
https://www.asyl.net/rsdb/M12927
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Duldung, Abschiebungshindernis, inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Eheschließung, beabsichtigte Eheschließung, Ehefähigkeitszeugnis, Befreiung
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1; PStG § 4; PStG § 5
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht Würzburg geht zu Recht davon aus, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch, insbesondere einen Anspruch auf Erteilung einer Duldung wegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 a Abs. 2 AufenthG, nicht glaubhaft machen konnte (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO). Die von der Antragstellerin dargelegten und allein vom Senat geprüften Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen der bevorstehenden Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen und eine daraus resultierende Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG wegen der aus Art. 6 GG geschützten Eheschließungsfreiheit (vgl. BVerfGE 31, 58 [67 ff.]; 62, 323 [329]; 76, 1 [42]) setzt voraus, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht (vgl. Sächs. OVG, B. v. 16.5.2006 - 3 B 61/06 -, AuAS 2006, 242; Hamburgisches OVG, B. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 -, InfAuslR 2007, 282; BayVGH, B. v. 19.9.2005 - 24 CE 05.2526, JURIS). Letzteres ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist (vgl. Sächs. OVG, B.v. 16.5.2006 - 3 B 61/06 -, AuAS 2006, 242; Hamburgisches OVG, B. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 -, InfAuslR 2007, 282; NdsOVG, B. v. 7.11.2006 - 7 ME 176/06 -, JURIS).

a) Sind die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits soweit vorangeschritten, dass die Anmeldung der Eheschließung (§ 4 PStG) vorgenommen wurde, die Verlobten die gemäß § 5 Abs. 1 und 2 PStG von dem Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird, kommt die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung in Betracht, wenn dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (vgl. Nr. 60 a.2.3 i.V.m. Nr. 30.0.6 der vorläufigen Anwendungshinweise des BMI zum Aufenthaltsgesetz und zum Freizügigkeitsgesetz/EU vom 22.12.2004). Für das Vorliegen einer solchen Situation kann sprechen, wenn der Standesbeamte die Antragsunterlagen an den für die Entscheidung über den Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichtes weitergeleitet hat, da dem Standesbeamten gemäß § 5 a Satz 1 PStG die Vorbereitung dieser Entscheidung obliegt und er die hierfür notwendigen Nachweise von den Verlobten anzufordern hat (vgl. Sächs. OVG, B.v. 16.5.2006 - 3 B 61/06 -, AuAS 2006, 242 f.; Hamburgisches OVG, B. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 -, InfAuslR 2007, 282 [283]).

b) Von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kann hingegen dann nicht ausgegangen werden, wenn der Standesbeamte einen Termin zur Eheschließung aus Gründen nicht festsetzen kann, die in der Sphäre der Verlobten fallen (vgl. VGH Mannheim, B. v. 13.11.2001 - 11 S 1848/01 -, InfAuslR 2002, 228 [230]; Hamburgisches OVG, B. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 -, InfAuslR 2007, 282 [283]). Gleiches gilt, wenn sich im weiteren herausstellt, dass eine Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts deshalb nicht ergehen kann, weil es noch an Unterlagen fehlt oder sonst Zweifel oder Unklarheiten bestehen, die in den Zurechnungsbereich der Verlobten fallen (vgl. Hamburgisches OVG, B. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 -, InfAuslR 2007, 282 [283]). In diesen Fällen ist bis zu dem Zeitpunkt, in dem die für die Entscheidung über den Antrag noch fehlenden Unterlagen nachgereicht oder etwaige Zweifel und Unklarheiten beseitigt worden sind, von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung nicht auszugehen (vgl. OVG Bautzen, B. v. 16.5.2006 - 3 B 61/06 -, AuAS 2006, 242 f; Hamburgisches OVG, B. v. 4.4.2007 - 3 Bs 28/07 InfAuslR 2007, 282 [283]).

2. Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass eine Eheschließung mit ihrem deutschen Verlobten unmittelbar bevorsteht. Sie hat weder vorgetragen, dass der Eheschließungstermin vor dem zuständigen Standesbeamten bereits bestimmt wäre oder von diesem doch zumindest als unmittelbar bevorstehend bezeichnet worden ist (vgl. NdsOVG, B. v. 7.11.2006 - 7 ME 176/06 -, JURIS). Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der Eheschließungstermin auf andere Weise hinreichend verbindlich vorhergesagt werden könnte. Vielmehr spricht entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten im Schreiben vom 20. Februar 2008 alles dafür, dass der Standesbeamte einen Termin zur Eheschließung bislang aus Gründen nicht festsetzen kann, die in der Sphäre der Verlobten wurzeln. Zum einen fehlt es der Ledigkeitsbescheinigung an der erforderlichen Angabe der vollständigen Adresse der Antragstellerin in der Bundesrepublik mit der Folge, dass die Echtheitsprüfung bislang nicht abgeschlossen werden konnte. Zum anderen liegen auch keine gesicherten Angaben der Antragstellerin zu ihren Angehörigen in Vietnam vor.