VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Beschluss vom 14.02.2008 - AN 14 E 08.30033 u.a - asyl.net: M12938
https://www.asyl.net/rsdb/M12938
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, vorläufiger Rechtsschutz, Verordnung Dublin II, unzulässiger Asylantrag, Drittstaatenregelung, Verfassungsmäßigkeit, atypischer Ausnahmefall, Italien (A), Selbsteintrittsrecht
Normen: AsylVfG § 34a Abs. 1; AsylVfG § 34a Abs. 2; GG Art. 16a Abs. 2; EG VO Nr. 343/2003 Art. 3 Abs. 4
Auszüge:

Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die in den Bescheiden des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Dezember 2007 angeordnete Abschiebung nach Italien sind abzulehnen, da sie nicht statthaft sind. Die gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG angeordnete Abschiebung nach Italien, d.h. in einen sicheren Drittstaat im Sinne von § 26 a AsylVfG, darf nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden (§ 34 a Abs. 2 AsylVfG) und liegt hier auch kein Ausnahmefall vor, der der gerichtlichen Überprüfung unterliegen und ausnahmsweise zu einer Aussetzung führen könnte.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG auch ausdrücklich für verfassungsgemäß erklärt (Urteil vom 14.5.1996 - 2 BvR 1938, 2315/93; NVwZ 1996, 700). Die Regelung von sicheren Drittstaaten (Art. 16 a Abs. 2 GG) beschränkt den persönlichen Geltungsbereich des in Art. 16 a Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechts auf Asyl. Im Rahmen des mit Art. 16 a Abs. 2 GG vom Gesetzgeber verfolgten Konzepts einer normativen Vergewisserung über die Situation im Drittstaat ist nicht vorgesehen, dass dies im Einzelfall überprüft werden kann. Deshalb ist den Behörden kraft Verfassungsrechts in Art. 16 a Abs. 2 Satz 3 GG die Möglichkeit eingeräumt, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen, ohne dass dies die Gerichte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verhindern dürfen.

Lediglich in Ausnahmefällen ist ein derartiger Rechtsschutz nach den allgemeinen Regeln möglich (vgl. BVerfG, a.a.O.). Eine gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob feststeht, dass der Ausländer über einen Drittstaat im Sinne von Art. 16 a Abs. 2 GG eingereist ist, ob er in den Drittstaat und nicht in seinen Herkunftsstaat oder in einen anderen Staat abgeschoben werden soll, der nicht sicherer Drittstaat ist, ob der Ausländer individuelle konkrete Gefährdungstatbestände im Drittstaat darlegt, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können oder ob sich der Ausländer gegen die Modalitäten des Vollzugs der Aufenthaltsbeendigung wendet, d.h. sich gegenüber dem Vollzug der Abschiebungsanordnung auf humanitäre und persönliche Gründe beruft, die zu Erteilung einer Duldung gemäß § 55 AuslG (a.F., jetzt § 60 a AufenthG) führen können (vgl. BVerfG a.a.O., VG Ansbach vom 15.3.2004 - AN 15 S 04.30414; VG Augsburg vom 14.9.2004 - Au 8 S 04.30636).

Die vom Antragstellerbevollmächtigten in den Schriftsätzen vom 4. Februar 2008 geschilderten Gründe rechtfertigen die ausnahmsweise Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht. Die aufgestellte Behauptung, Italien sei bekannt dafür, dass es ordnungsgemäße Asylverfahren nicht durchführe, sich vielmehr der Asylbewerber entledige, ist durch nichts belegt. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf, dass sich die Signatarstaaten von "Dublin II" verpflichtet haben, das von ihnen unterzeichnete Abkommen entsprechend dem ausgehandelten Regelwerk durchzuführen. Substantiiert jedenfalls wurde von Antragstellerseite nichts vorgetragen, was die Rückführung nach Italien in Frage stellen würde. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 4 DÜ durch die Bundesrepublik Deutschland notwendig machen könnten, liegen nicht vor.