VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 10.03.2008 - 19 C 08.215 u.a. - asyl.net: M13044
https://www.asyl.net/rsdb/M13044
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten, Ausweisung, besonderer Ausweisungsschutz, Unionsbürger, Familienangehörige, Eltern, Eltern-Kind-Verhältnis, Unterhaltsleistungen
Normen: VwGO § 166; ZPO § 114; AufenthG § 56; FreizügG/EU § 3 Abs. 2 Nr. 2
Auszüge:

1. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren nicht zu gewähren, ist unbegründet. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie gegen die Ausweisung gerichtete Klage hinreichend aussichtsreich ist (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

a) Der Kläger kann ein Recht auf Aufenthalt, das den besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG auslösen und damit auch die Rechtmäßigkeit der Ausweisung in Frage stellen würde, nicht mit Aussicht auf Erfolg aus dem Gemeinschaftsrecht sowie aus der Behauptung ableiten, er leiste seiner am 1. März 2005 geborenen Tochter, die (auch) die litauische Staatsangehörigkeit besitzt, Unterhalt in Form tatsächlicher Personensorge.

Aus der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2004 zu Art. 18 des EG-Vertrages und der Richtlinie 90/364 (<Chen> InfAuslR 2004, 413; vgl. nunmehr Richtlinie 2004/38/EG – die die Richtlinie 90/364 abgelöst hat – sowie das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern vom 30.7.2004 – FreizügG/EU –) ergibt sich nicht, dass ihm entgegen den Ausführungen im angegriffenen Bescheid (Bl. 10 ff.) ein Aufenthaltsrecht zusteht. Der Europäische Gerichtshof betont in dieser Entscheidung, dass der (das Aufenthaltsrecht begehrende) Verwandte in aufsteigender Linie von dem Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt werden muss (vgl. nunmehr § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU). Er stellt fest, dass in einem Fall (wie ihm vorliegend), in dem der Verwandte den Aufenthaltsberechtigten materiell unterstützt, der gemeinschaftsrechtliche Anspruch grundsätzlich nicht besteht (EuGH a.a.O., RdNrn. 43, 44). Der Europäische Gerichtshof hat der Mutter (chinesische Staatsangehörige) des aufenthaltsberechtigten Kleinkindes (irische Staatsangehörige) ein Aufenthaltsrecht lediglich deshalb zuerkannt, weil andernfalls dem Kleinkind, das auf eine tatsächlich sorgende Person und das Zusammenleben mit ihr angewiesen ist, das gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht praktisch genommen würde (RdNrn. 44, 45).

Unstreitig wird der Kläger von seiner am 1. März 2005 geborenen Tochter nicht materiell unterstützt. Es kann offen bleiben, ob – und gegebenenfalls inwieweit und in welcher Form – der Kläger seine Tochter unterstützt. Der Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet ist nicht erforderlich, um dem Aufenthaltsrecht seiner Tochter praktische Wirksamkeit zu verleihen. Die Mutter (ebenfalls litauische Staatsangehörige) lebt mit ihrer Tochter zusammen. Der Umstand, dass der Mutter im Falle der Anwesenheit des Klägers die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit leichter möglich wäre, stellt nicht in Frage, dass das Aufenthaltsrecht der Tochter auch ohne die Anwesenheit des Klägers praktisch wirksam ist.