VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 03.03.2008 - 19 C 07.2848 - asyl.net: M13057
https://www.asyl.net/rsdb/M13057
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Prozesskostenhilfe, Erfolgsaussichten, Duldung, Erwerbstätigkeit, Auflage, Nebenbestimmung, Anfechtungsklage, Verpflichtungsklage, Mitwirkungspflichten, Passbeschaffung, Wohnsitzauflage, Gemeinschaftsunterkünfte, Passivlegitimation, auflösende Bedingung, Beurteilungszeitpunkt, Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
Normen: VwGO § 166; ZPO § 114 Abs. 1; VwVfG § 36; AufenthG § 4 Abs. 3; AufenthG § 42 Abs. 2 Nr. 5; BeschVerfV § 10; BeschVerfV § 11; DVAsyl § 8 Abs. 3; ZPO § 117 Abs. 2
Auszüge:

1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

a) Die Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung zur Duldung, wonach Erwerbstätigkeit in keinem Fall gestattet ist, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der Klagebegründung ist zu entnehmen, dass der Kläger nicht die Beseitigung eines Hinweises anstrebt, sondern eine Erwerbstätigkeit aufnehmen will. Dies kann er durch die formulierte Anfechtungsklage nicht erreichen, denn die der Duldung beigefügte (entgegenstehende) Feststellung ist keine selbstständige Nebenbestimmung im Sinne des § 36 VwVfG. Die regelmäßige Unzulässigkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch geduldete Ausländer ergibt sich aus dem Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt, das dem Regelungszusammenhang von Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes (§ 4 Abs. 3, § 42 Abs. 2 Nr. 5) und der Beschäftigungsverfahrensverordnung (BeschVerfV) vom 22. November 2004 (BGBl I 2004 S. 2934 i.d.F. vom 19.8.2007 BGBl I S. 1970) zu entnehmen ist. Die Geltung des Verbots ist daher – ebenso wie die Geltung eines Bescheides, der die vorbehaltene Erlaubnis realisiert – nicht auf den Zeitraum einer Duldungsverfügung beschränkt, in die es nachrichtlich aufgenommen worden ist (OVG Rheinland-Pfalz vom 5.4.2007 - Az. 7 A 10108/07 und 11594/06; vgl. auch Funke-Kaiser in GK-AufenthG, RdNr. 39 ff. zu § 60a). Das Klagebegehren ist somit – vorbehaltlich anderer Mitteilungen des Klägers im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – als Verpflichtungsklage auf Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung im Sinne des § 10 der BeschVerfV auszulegen.

Die Auffassung des Beklagten, der Kläger habe seiner Pflicht zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines äthiopischen Nationalpasses oder eines anderen Heimreisedokuments nicht genügt und es deshalb zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden konnten, wird durch sein Vorbringen nicht substantiiert in Zweifel gezogen und durch den Akteninhalt gestützt. Dem Kläger könnte daher auch wegen der Vorschrift des § 11 Satz 1 BeschVerfV die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nicht zugesprochen werden.

b) Hinsichtlich der Klage auf Aufhebung der Nebenbestimmung zur Duldung, wonach der Kläger seinen Wohnsitz in ... , ...-Straße ..., zu nehmen verpflichtet ist, liegt die Sache ähnlich. Der Klagebegründung zufolge verfolgt der Kläger auch hiermit keine formellen Ziele, sondern möchte von der Verpflichtung zum Wohnen in einer Gemeinschaftsunterkunft befreit werden. Diese Verpflichtung ist bescheidsmäßig zuletzt durch die Aufforderung der Regierung der Oberpfalz vom 2. Mai 2005, an die genannte Adresse umzuziehen, ausgesprochen worden und in ihrem Bestand ebenfalls nicht von der nachrichtlichen Aufnahme in eine Duldungsverfügung und deren Geltungszeitraum abhängig.

Die Klage hat bereits deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie sich nicht gegen den richtigen Beklagten richtet. Der Erlass des Bescheides vom 2. Mai 2005 durch die Regierung der Oberpfalz steht in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 3 Satz 1 DVAsyl (anwendbar im Falle des Klägers aufgrund § 1 DVAsyl i. V. m. § 1 bayAufnG sowie § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG). Die Klage wäre daher gegen den Freistaat Bayern zu richten gewesen.

Die Klage hätte – Bedenken wegen eingetretener Bestandskraft beiseite gelassen im Hinblick auf die erneuten Aufforderungen vom 19. September 2007 und vom 15. Februar 2008, in (andere) Gemeinschaftsunterkünfte umzuziehen (Anlagen zur Beschwerdeerwiderung vom 8.11.2007 sowie zum Schriftsatz vom 26.2.2008) – auch deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil der Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft in der Regel solchen Personen nicht gestattet werden kann, die (wie nach derzeitigem Streitstand der Kläger, vgl. a) – nicht im Besitz gültiger Pässe sind, obwohl sie in zumutbarer Weise einen Pass erlangen könnten, oder bei der Beschaffung von Heimreisedokumente nicht mitwirken (Art. 4 Abs. 4 S. 2 AufnG).

c) Hinsichtlich der Nebenbestimmung zur Duldung, wonach diese erlischt, sobald ein gültiges Reisedokument vorliegt und/oder die Abschiebung möglich ist, hatte die Klage, die im Hinblick auf die kurze Dauer der Duldungen und die darin liegende Rechtsschutzerschwerung als Feststellungsklage auszulegen ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, RdNr. 32 zu § 43), zunächst hinreichende Aussicht auf Erfolg. Wegen der Gründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts verwiesen (vgl. auch Funke-Kaiser, a.a.O., RdNr. 60.1).

Dem Kläger kann gleichwohl auch hinsichtlich der Nebenbestimmung betreffend das Erlöschen der Duldung Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden. Zu dem Zeitpunkt, an dem das Gesuch entscheidungsreif geworden ist, also der formgerechte Antrag gestellt und die Erklärung nach § 117 Abs. 2 mit allen erforderlichen Belegen vorgelegt war (vgl. Philippi in Zöller, ZPO, 22. Aufl. 2001, RdNr. 39 zu § 119), war eine Erfolgsaussicht des Feststellungsbegehrens nicht mehr gegeben.