LSG Hamburg

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Zitieren als:
LSG Hamburg, Beschluss vom 20.02.2008 - L 5 B 520/07 ER AL - asyl.net: M13072
https://www.asyl.net/rsdb/M13072
Leitsatz:

Berufsausbildungsbeihilfe gem. § 63 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB III setzt eine Erwerbstätigkeit von mindestens fünf Jahren voraus.

 

Schlagwörter: D (A), Berufsausbildungsbeihilfe, Aufenthaltsdauer, Erwerbstätigkeit
Normen: SGB III § 63 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; SGB III § 63 Abs. 2 S. 2
Auszüge:

Berufsausbildungsbeihilfe gem. § 63 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB III setzt eine Erwerbstätigkeit von mindestens fünf Jahren voraus.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Das SG hat es zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat ergänzend Bezug nimmt, abgelehnt, dem Antrag des Antragstellers zu entsprechen, die Antragsgegnerin vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe zu verpflichten.

Der Antragsteller, der – wie zu Recht unstreitig ist – nicht zu den privilegierten Ausländern im Sinne des § 63 Abs. 1 SGB III gehört, erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen des § 63 Abs. 2 SGB III nicht. Nach dessen allein in Betracht kommenden Satz 1 Nr. 1 werden andere Ausländer gefördert, wenn sie sich vor Beginn der förderungsfähigen Ausbildung insgesamt fünf Jahre im Inland aufgehalten haben und rechtmäßig erwerbstätig gewesen sind und sie voraussichtlich nach der Ausbildung im Inland rechtmäßig erwerbstätig sein werden.

Der Antragsteller erfüllt bereits das Kriterium einer fünfjährigen Erwerbstätigkeit nicht, da er nach eigenen Angaben insgesamt nur 35 Monate in Deutschland erwerbstätig gewesen ist. Er kann nicht damit gehört werden, dass sich die Zeitvorgabe in § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III allein auf den Aufenthalt an sich und nicht zugleich auf die rechtmäßige Erwerbstätigkeit beziehe. Auch wenn ihm zuzugestehen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift auslegungsfähig ist (siehe hierzu auch Buser in Eicher/Schlegel, SGB III, § 63 Rn. 94), ist es allgemeine Meinung, dass sich das Zeitkriterium sowohl auf die Dauer des Aufenthalts als auch der Erwerbstätigkeit bezieht (Buser a.a.O.; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 63 Rn. 12; Wagner in Wissing, SGB III, § 63 Rn. 18; Petzold in Hauck/Noftz, SGB III, § 63 Rn. 13; Fuchsloch in Gagel, SGB III, § 63 Rn. 124, 129; Kossens in Jahn, SGB III, § 63 Rn. 15; Wagner in PK-SGB III, § 63 Rn. 30; Niewald in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 3 Rn. 82, 85). Dafür sprechen der Sinn und Zweck der Vorschrift (so auch Buser a.a.O.). Der Auszubildende soll eine gewisse Zeit mit seiner Arbeit zum Bruttosozialprodukt beigetragen haben (vgl. Schönfelder-Koch, SGB III, § 63 Rn. 18). Dies wäre nicht gewährleistet, wenn – als Konsequenz aus der vom Antragsteller dargelegten Auffassung – die Dauer der ausgeübten Erwerbstätigkeit beliebig wäre; das Kriterium verlöre jegliche Bedeutung.

Für die hier vertretene Ansicht spricht ferner die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Sie geht auf § 40 Abs. 2 Nr. 5a Arbeitsförderungsgesetz zurück. In den Gesetzesmaterialien zu dessen Entstehung (Bt-Drucks. 8/2624, S. 21 zu b) heißt es, dass mit der Regelung entsprechend § 8 Abs. 2 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) der Ausländer auch selbst den Anspruch auf Ausbildungsförderung erwerben können soll. Im Bereich des BAföG ist ebenfalls anerkannt, dass Aufenthalt und Erwerbstätigkeit einen Zeitraum von fünf Jahren erreicht haben müssen (BVerwG, Urt. vom 4.6.1981 - 5 C 30/79 - FEVS 31, S. 234 ff, 236; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 18.3.1999 - 16 B 352/99 - Juris Rn. 10; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Aufl., § 8 Rn. 19 f.).

Der Begriff der "Erwerbstätigkeit" ist eindeutig, so dass entgegen der Auffassung des Antragstellers Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. der Arbeitsuche nicht im Wege der Auslegung einbezogen werden können (so ausdrücklich Schönefelder-Koch a.a.O.).

Ebenso scheidet eine analoge Anwendung des § 63 Abs. 2 Satz 2 SGB III, der ein Absehen vom Erfordernis einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit ermöglicht, wenn ein Elternteil aus von ihm nicht zu vertretenden Grund keine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, auf Fallgestaltungen nach § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB III aus (ebenso Fuchsloch a.a.O., Rn. 132, 135). Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist dies schon deswegen kein gravierender Gleichheitsverstoß, weil die vermeintliche Besserstellung der Eltern nicht diesen, sondern aufgrund des von diesen abgeleiteten Anspruches allein den Antragstellern zugute kommt.