OVG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14.01.2008 - 4 MB 95/07 - asyl.net: M13123
https://www.asyl.net/rsdb/M13123
Leitsatz:

Die Freibeträge gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II sind nicht vom zur Verfügung stehenden Einkommen i.S.d. § 2 Abs. 3 AufenthG abzuziehen.

 

Schlagwörter: D (A), Erledigung der Hauptsache, Kosten, Kostenentscheidung, allgemeine Erteilungsvoraussetzungen, Lebensunterhalt, Grundsicherung für Arbeitssuchende, Freibetrag, Sozialhilfebezug, Ausweisungsgründe
Normen: VwGO § 161 Abs. 2; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG § 2 Abs. 3 S. 1; AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 6; AufenthG § 7 Abs. 2; SGB II § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6; SGB II § 30
Auszüge:

Die Freibeträge gem. § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II sind nicht vom zur Verfügung stehenden Einkommen i.S.d. § 2 Abs. 3 AufenthG abzuziehen.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden.

Die Frage, ob der Lebensunterhalt eines Ausländers im Sinne der §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gesichert ist, wenn der Ausländer objektiv seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann und tatsächlich auch bestreitet, obwohl er einen Anspruch auf ergänzende Hilfe wegen der Reduzierung des zur Verfügung stehenden Einkommens um die nach §§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 SGB II abzusetzenden Freibeträge hat, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten (siehe nur Hess. VGH, Beschl. v. 14.03.2006 – 9 TG 512/06 -, AuAS 2006, 146). Für die Auffassung des Hessischen VGH spricht bereits die Begriffsbestimmung des gesicherten Lebensunterhaltes in § 2 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Danach ist der Lebensunterhalt gesichert, wenn der Ausländer ihn ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann (siehe auch Renner, AuslR, 8. Aufl., § 2 Rdnr. 15).

Dem kann nicht durchgreifend entgegengehalten werden, dass der Ausländer nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht gehindert wäre, nunmehr seine Ansprüche auf Gewährung öffentlicher Mittel geltend zu machen. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG ist die Inanspruchnahme von Sozialhilfe ein Ausweisungsgrund. Im Übrigen kann nach § 7 Abs. 2 AufenthG die Frist der Aufenthaltserlaubnis nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Der Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist es, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu vermeiden. Ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten eine Inanspruchnahme nicht zu erwarten, weil die Eigenmittel objektiv ausreichen, den Lebensunterhalt zu sichern und erscheint schon im Hinblick auf die ausländerrechtlichen Folgen die Prognose gerechtfertigt, dass ein womöglich noch bestehender Anspruch auf ergänzende Hilfeleistung nicht verfolgt wird, geht die Versagung der Aufenthaltserlaubnis allein wegen des Bestehens eines rechtlichen Anspruchs auf ergänzende Hilfe über den Gesetzeszweck hinaus.