VG Stuttgart

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Zitieren als:
VG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2008 - A 11 K 948/08 - asyl.net: M13125
https://www.asyl.net/rsdb/M13125
Leitsatz:

Keine hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung für Yeziden in der Türkei; zur Verfolgungsgefahr durch kurdische Großfamilie, die mit dem türkischen Staat verbündet ist (im Anschluss an VG Freiburg, Urteil vom 18.3.2008 - A 4 K 61/07).

 

Schlagwörter: Türkei, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Jesiden, herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Verfolgungssicherheit, Änderung der Sachlage, Situation bei Rückkehr, Verfolgung durch Dritte, mittelbare Verfolgung, Dorfschützer, Midyat, Mardin, interne Fluchtalternative, Westtürkei
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Keine hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung für Yeziden in der Türkei; zur Verfolgungsgefahr durch kurdische Großfamilie, die mit dem türkischen Staat verbündet ist (im Anschluss an VG Freiburg, Urteil vom 18.3.2008 - A 4 K 61/07).

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die zulässige Klage ist begründet.

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.

Ein Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kommt somit im Regelfall nur in Betracht, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005 a.a.O. und Urteil vom 18.07.2006, BVerwGE 126, 243 = NVwZ 2006, 1420).

Das Gericht schließt sich den Ausführungen in dem Urteil des VG Freiburg vom 18.03.2008, - A 4 K 61/07 - an, das unter Rückgriff auf ein Urteil der 6. Kammer des VG Freiburg vom 10.07.2007 - A 6 K 737/06 - in einem Fall yezidischen Klägern, die unter denselben Umständen aus demselben Dorf Yenice im Kreis Midyat geflohen sind, unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte folgendes ausgeführt hat: ...

Schließlich ist nicht erkennbar, dass sich an der bisherigen Bewertung einer fehlenden Fluchtalternative, insbesondere im Westen der Türkei, etwas geändert hätte. Eine solche Alternative verneinen, so weit ersichtlich, alle verfügbaren Auskünfte und Urteile. Zudem wäre einem Gläubigen Jeziden im Westen der Türkei die Ausübung seines Glaubens unmöglich, weil es dort keine Sheiks (mehr) gibt (vgl. VG Stuttgart, aaO.).